Aus der Werkstatt

Die ZEIT befindet sich in einem permanenten Wandel. Jede Woche arbeitet die Redaktion an kleineren und größeren Neuerungen, um Sie, liebe Leserinnen und Leser zu überraschen und den Journalismus zu bieten, den Sie von uns erwarten. An diesen Entwicklungsprozessen möchten wir Sie gerne teilhaben lassen. Hier erfahren Sie, woran wir arbeiten, bevor es in der Zeitung steht. Und Sie können uns Ihre Meinung und Ihre Anregungen hinterlassen.

Los geht es mit einer neuen Kolumnenidee aus dem Ressort Z – Zeit zum Entdecken:

Die Neue Kolumne von Z:
»… hätte mir ja mal jemand sagen können«

In einer neuen Kolumne beantworten die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ressort »Z – Zeit zum Entdecken« ab dem 29. November Ihre Alltagsfragen und geben Rat in schwierigen Angelegenheiten. Empathisch, lebensklug, schonungslos – genauso wie es ein guter Freund tun würde. Soll ich meinen runden Geburtstag feiern? Muss ich am Nacktbadestrand mein Schamhaar rasieren? Warum hassen mich meine Arbeitskollegen?

Die Kolumne startet erst in einigen Wochen, aber hier können Sie vorab bereits einen ersten Beispieltext lesen und vor allen anderen Ihre Fragen einreichen. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

 

Liebes Z,

ich bin endlich zusammen mit einem Partner, den ich sehr liebe. So sehr, dass ich mit ihm zusammen gezogen bin – was ich vorher noch nie getan habe. Er hat zwei wunderbare Kinder, die mich seit vergangenem Sommer Stiefmutter nennen.

Als ich einzog, waren wir seit etwa zwei Jahren zusammen, eine interessante Veränderung. Nun lebe ich seit rund eineinhalb Jahren in diesem tollen Ökohaus auf dem Land – eine ganz neue Erfahrung für mich, der Wechsel von einem unabhängigen Leben in der Stadt hin zu einem eher zurückgezogenen Leben auf dem Land. Ich glaube, bisher haben wir das mit dem Zusammenleben gut hinbekommen.

Etwas, womit ich mich abfinden musste, als es zwischen uns ernst wurde, ist die Tatsache, dass er sieben Jahre älter ist als ich und absolut kein Interesse an weiteren Kindern hat. Seine beiden sind 11 und 13 Jahre alt. Er findet sie großartig (sie sind großartig) und meint, das sei genug. 

Als wir zusammenkamen ging ich davon aus, dass das okay für mich wäre, solange die Beziehung stimmt, auch weil ich sehr lange nach einem liebevollen Partner gesucht hatte. Aber vor etwa einem halben Jahr begann sich meine Haltung zu verändert. Ich war gerade 40 geworden. Seitdem breche ich jedes Mal in Tränen aus, wenn jemand ein Baby-Ultraschallbild auf Facebook postet (was in meinem Bekanntenkreis weit häufiger passiert als dass jemand betrunkene Selfies postet). Ich fing an von Babys zu träumen. Jedes Mal, wenn ich versuchte, mit meinem Partner darüber zu sprechen, wiederholte er, wie sehr er mich liebt, und wie schuldig er sich fühlt, weil er keine Kinder haben möchte.

Ich habe dann einen Termin bei meinem Arzt vereinbart, um zu klären, wie es überhaupt um meine Fruchtbarkeit bestellt ist. Der ganze Ärger wäre ja umsonst, sollte sich herausstellen, dass ich sowieso keine Kinder haben kann, zumal eine Kinderwunschbehandlung für mich nicht in Frage kommt. Später, bei einem Streit mit meinem Freund, sagte ich ihm, dass ich so oder so ein Baby haben würde, sollte sich herausstellen, dass ich es kann, auch wenn es unsere Beziehung kostet. Die folgenden vier Tage waren die Hölle.

Er ist sehr verärgert, weil er das Gefühl hat, die Kinder und er stünden für mich an zweiter Stelle. Er liegt damit nicht völlig falsch, auch wenn es nicht die ganze Wahrheit ist. Aber je trauriger und distant er ist, umso mehr tut mir leid, was ich gesagt habe, weil ich ihn liebe und es hasse ihm weh zu tun. Ist es das wert? Ich habe Angst, dass wir jetzt schon alles versaut haben und uns ohnehin trennen werden, weil ich meine eigenen Bedürfnisse über das Leben stelle, das wir gemeinsam gewählt haben. 

Bitte helfen Sie. 

Ihre Unentschlossene

Liebe Unentschlossene, 

schöne Scheiße. Für die Situation, in der Sie sich befinden, gibt es keine Kompromisslösung. Eins oder null. Sie möchten ein Kind haben, Ihr Partner möchte keines. Und das Schlimme ist, dass jeder von Ihnen für sich betrachtet Recht hat: Ihr Partner hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er als Vater für ein weiteres Kind nicht zur Verfügung steht. Aber selbst wenn Sie sich damals darauf eingelassen haben, ist es verdammt noch mal Ihr gutes Recht, Ihre Meinung zu ändern und trotzdem Mutter werden zu wollen. 

Falls es Ihnen wirklich ernst damit ist und die Untersuchung zeigt, dass bei Ihnen fruchtbarkeitstechnisch alles im grünen Bereich ist, und falls Ihr Partner bei seiner ablehnenden Haltung bleibt, sollten Sie so schnell wie möglich zurück in die Stadt ziehen und sich auf die Suche nach einem neuen Partner machen, der zum Vater taugt. Natürlich ist nicht gesagt, dass das auch funktioniert, aber wenn Sie es nicht wenigstens versuchen, wird Ihre Beziehung diesen Verzicht nicht überleben. 

Obwohl der Landstrich, den Sie bewohnen, dünn besiedelt zu sein scheint, werden Sie mit steigendem Alter zunehmend das Gefühl haben, von Schwangeren umzingelt zu sein. Das Familienglück der anderen wird Ihnen an jeder Ecke auflauern und Sie verhöhnen wie ein böser Clown, und Schuld daran wird nicht das Schicksal sein – sondern Ihr Partner, der Ihnen den Kinderwunsch verwehrt hat.

Ich denke allerdings auch, dass Sie sich ehrlich mit der Frage beschäftigen sollten, was genau Sie zum Umdenken bewogen hat. Es ist ja bemerkenswert, dass Ihr Kinderwunsch offenbar nicht unmittelbar aus dem gemeinsamen Zusammenleben heraus enstanden ist, vielleicht sogar im Gegenteil: Das Leben, von dem Sie sagen, Sie hätten es „gemeinsam gewählt“, ist sein Entwurf, an den Sie sich angepasst haben. 

Sie sind für ihn aufs Land gezogen, Sie sind seinen beiden Kindern (für die Sie sich nie frei entschieden haben, weil er sie schon gemacht hatte, als sie sich kennenlernten) eine mutmaßlich liebevolle Stiefmutter. Natürlich sind alleinerziehende Eltern weniger flexibel, wenn es um die Gestaltung des Alltags mit einem neuen Partner geht, aber machen wir uns nichts vor: Sie haben einiges aufgegeben, für ihn und seine Kinder. Und jetzt, wo Sie etwas für sich fordern, soll auch noch Ihr Kinderwunsch dran glauben. Da kann man schon mal in Tränen ausbrechen (wobei ich Rotweingläser an die Wand werfen weitaus befriedigender finde).

Sie schreiben allerdings, dass es vor allem Ihr 40. Geburtstag und die niedlichen Ultraschallbilder (WTF?!) auf Facebook waren, die zu Ihrem Stimmungswandel geführt haben. Was schon ein paar Fragen aufwirft. Wollen Sie ein Kind (das bis vor Kurzem nicht in Ihrer Lebensplanung aufgetaucht ist), um nicht womöglich eines fernen Tages zu bereuen keins zu haben? Wollen Sie ein Kind, weil alle anderen auch welche kriegen? Wollen Sie ein Kind, weil Sie hoffen, sich mit eigenem Nachwuchs in Ihrem „gemeinsam gewählten“ Leben weniger allein zu fühlen?

Die Entscheidung, die Sie zu treffen haben, ist brutal. Bleiben Sie mit Ihrem Partner zusammen und verzichten für ihn auf das Kind, nehmen Sie ihm dieses Opfer womöglich für immer so übel, dass ihre Beziehung irgendwann daran zerbricht. Trennen Sie sich, könnte es durchaus eine Weile dauern, bis Ihnen der nächste Mann begegnet, den Sie sich als Vater vorstellen können. Von der dritten Option – ihren Partner zu manipulieren oder mit einem Fremden ein Kind zu zeugen – rate ich dringend ab. Mütter, die die Rolle der Väter im Leben von Kindern dermaßen gering schätzen, sind die Pest.

Warten Sie das Testergebnis ab. Und wenn es positiv ausfällt: Nehmen Sie sich ein, zwei Wochen Auszeit, um sich darüber klar zu werden, was Sie für sich selbst und Ihr weiteres Leben wollen. Und wenn Sie eine dritte Woche frei machen können: Quartieren Sie sich bei einer Freundin mit mindestens einem Kleinkind ein. Lassen Sie auf sich wirken, wie es ist, wenn das Ultraschallbild voll entwickelt schreit und kotzt und Nerven tötet. Betrachten Sie die Augenringe der Eltern, versäumen Sie es nicht, die Hämorrhoiden-Creme im Bad zur Kenntnis zu nehmen, malen Sie sich in aller Ruhe aus, wie es wäre, diesen Alltag notfalls auch allein zu meistern. Und wenn Sie dann immer noch ein Kind haben wollen: Verlassen Sie Ihren Partner. 

Ihr Z

Die hier gestellte Frage ist aus dem Amerikanischen übersetzt. Die Antwort stammt von unserer Z-Redakteurin.

Und jetzt sind wir enorm gespannt auf Ihre Fragen – gerne handfest, gerne alltagsnah, gern aus der bunten Mitte des Lebens! Schildern Sie das Problem bitte ähnlich ausführlich wie in unserem Beispiel (ca. 2.000 Zeichen), wählen Sie einen Künstlernamen und schreiben Sie uns an z-ratgeber@zeit.de. Sollten wir Ihre Frage zu einem späteren Zeitpunkt in der ZEIT beantworten, veröffentlichen wir Ihren Beitrag zum Schutz Ihrer Privatsphäre nur unter Angabe des Pseudonyms.