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Die Juristin und Frau des Bundespräsidenten Elke Büdenbender über die Biografie »Rahel Varnhagen – Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik« der Philosophin Hannah Arendt:

»Es begeistert mich, auch wenn – oder gerade weil – es anspruchsvoll ist und einiges voraussetzt.«

Rahel Varnhagen (1771–1833) war eine so beeindruckende Frau: mutig, geistreich, anziehend. Als emanzipierte Frau jüdischer Herkunft ist sie zum Sinnbild des jüdischen Bürgertums im 18. und 19. Jahrhundert geworden. Aber: Ich bin keine Philosophin und muss vieles noch mal oder überhaupt zum ersten Mal lesen, wie beispielsweise Schleiermacher oder Hegel. Und dann muss ich auch immer wieder Beiträge von Hannah Arendt lesen und mich mit ihrer Person und Philosophie auseinandersetzen. Das alles ist für mich sehr lehrreich und inspirierend.
Ob das ein aktuelles Buch sei? Ja, sehr! Es geht um Kernfragen unserer Identität: Wie sehr bin ich (fremd-)bestimmt durch meine Situation oder durch meine Herkunft, aufgrund meines Geschlechts, vielmehr aufgrund der Beschränkungen meines Geschlechts in der damaligen Zeit? Vor allem aber: Wie entkomme ich dem Ausgegrenztsein, dem Nichtdazugehören, wie kann ich ankommen? Dem geht Hannah Arendt sehr eindrücklich nach, und es erschüttert mich zu lesen, wie sehr Rahel Varnhagen kämpfen musste.

Ansonsten lese ich meist aktuelle Romane, gerne auch Krimis. Eigentlich »querbeet« (besonders gerne auf Empfehlung), aber auch Sachbücher und Biografien. Ich lese auch ganz regelmäßig juristische Texte im engeren Sinne, also Urteile, Beschlüsse oder Aufsätze zu bestimmten juristischen Problemstellungen. Das macht mir Freude, da kann ich doch nicht aus meiner Haut. Und wenn mich ein Thema beschäftigt, beispielsweise die Sterbehilfe, dann habe ich natürlich das Urteil des Bundes­verfassungsgerichts dazu gelesen und auch die vielen Kommentare und anderen Stellungnahmen dazu. Im Jahr 2019 habe ich viel zum Frauenwahlrecht gelesen, im Jahr 2020 viel zum Thema Bildung, was mich sowieso umtreibt, und dazu, welche Auswirkungen die Pandemie auf Kinder und Jugendliche hat. Also ich lese insgesamt viel Fachliteratur. Und selbstverständlich Tages- und Wochenzeitungen, um mich auf dem Laufenden zu halten.

Elke Büdenbender, Jahrgang 1962, sei »zurzeit beurlaubt«, heißt es in ihrem Lebenslauf auf der Website des Bundespräsidialamts. Das klingt missverständlich, denn als Urlaub würde die Frau von Frank-Walter Steinmeier ihre Aufgabe wohl kaum bezeichnen. Als er gewählt wurde, war sie Richterin am Verwaltungsgericht Hannover, und diese Tätigkeit ruht derzeit. Neben den repräsentativen Aufgaben ist Elke Büdenbender Schirmherrin verschiedener Wohltätigkeits­organisationen, sie hält Vorträge und besucht soziale Einrichtungen. In einem Interview während der Pandemie-Monate sprach Büdenbender über das Bewusstsein der eigenen Endlichkeit und erzählte dann: »Ich war noch keine 40, als ich mit Nierenversagen im Krankenhaus lag und meine Lungen voller Wasser gelaufen sind. (…) Ich war in guten Händen. Trotzdem habe ich für einen Moment gedacht, vielleicht sehe ich meinen Mann und mein Kind nie wieder. (…) Mit diesem fürchterlichen Gedanken im Hintergrund musste ich umgehen lernen.« Vor elf Jahren spendete ihr Ehemann ihr eine Niere. Im Februar 2022 steht wieder eine Wahl zum Bundespräsidenten an. Steinmeier hat angekündigt, für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stehen – sicherlich nicht, ohne sich mit seiner Frau abgestimmt zu haben.

 

Rahel Varnhagen – Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik

Eine Biografie von Hannah Arendt (2021)

Rahel Levin Varnhagen (1771–1883) war eine Jüdin, die mit viel Witz und Intelligenz den bekanntesten Berliner Salon ihrer Zeit leitete. Außerdem schrieb sie eifrig Briefe. Ende der Zwanzigerjahre entdeckte die Philosophin Hannah Arendt (1906–1975) Varnhagens Werk und entschloss sich, ihr eine Biografie zu widmen, die ein literarisches Experiment sein wollte und gleichzeitig zu einer politischen Studie wurde. Sie steht am Beginn von Arendts lebenslanger Beschäftigung mit der Geschichte der deutschen Juden und ihrer gescheiterten Assimilation. Arendts Varnhagen-Biografie wurde 1957 zunächst in einer englischen Übersetzung veröffentlicht; 1959 erschien das Buch erstmals im Piper Verlag auf Deutsch. Sollten Sie sich für das Schaffen von Hannah Arendt interessieren, empfehlen wir Ihnen die ZEIT-Titelgeschichte »Was würde Hannah Arendt dazu sagen?« vor einigen Wochen. Darin sucht der ZEIT-Redakteur Thomas Assheuer bei Arendt Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Zeit. So schrieb die Philosophin einst über Freiheit und Menschenrechte. Sie erkannte die Selbstzerstörungskräfte der Demokratie und beklagte unseren Umgang mit der Natur.

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