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Die Sängerin Alli Neumann über »Mekka hier, Mekka da – Wie wir über antimuslimischen Rassismus sprechen müssen« von Melina Borčak: 

»Melina schafft es in ihrem Buch, schwierige Gedanken in einfacher Sprache unter­halt­sam zu verpacken.«

 

Das Buch in drei Wörtern:

Scharf­sinnig, humorvoll und welt­ver­bessernd.

Wie sind Sie auf das Buch gekommen?

Ich bin auf Melina Borčak als Medien­kritikerin aufmerksam geworden durch den Skandal um den SWR-Podcast »Sack Reis«. In dem hatte man im vergangenen Jahr eine Genozid­leugnerin zu Wort kommen lassen und dadurch zu­ge­lassen, dass Ver­harm­losungen und Fehl­infor­ma­tionen über den Genozid an den Bosniak*innen verbreitet wurden. Melina hat diesen Skandal öffentlich auf­ge­arbeitet.
Sie kritisiert und erklärt komplexe historische, politische und gesell­schaftliche Themen mit einer Präzision und Dring­lich­keit und einem in­trin­sischen Gerechtig­keits­sinn, den ich absolut vor­bild­lich finde.
Ich habe ihr Buch direkt bestellt, als es raus­kam, weil ich Melinas Arbeit schätze und wichtig finde. Ich war sehr positiv über­rascht davon, dass der Ton des Buchs mich an ihren Internet­content erinnert hat. Wie deine politisch engagierte Freundin, die ohne Blatt vor dem Mund über Miss­stände schimpft.
Sie schreibt mit einer krassen Emotio­na­lität. Das ist für mich eine wichtige Kunst des Brücken­bauens zwischen den Menschen und ihren Realitäten.
Außer­dem habe ich durch Melinas Arbeit gemerkt, wie wenig ich über den Genozid an den Bosniak*innen weiß, obwohl er noch keine 30 Jahre zurück­liegt, vieles noch nicht auf­ge­klärt ist und Freund*innen und Bekannte von mir Betroffene sind.

Was macht das Buch für Sie gerade jetzt aktuell?

Da anti­mus­li­mischer Rassismus leider ein dauer­haftes Problem ist, ist das Buch wichtig und vor allem jetzt durch den zunehmenden Rechts­ruck in Deutschland und anderen Ländern sehr aktuell. Außer­dem stellt sich mir immer wieder die Frage, wie man politische Themen allen in der Gesell­schaft näher­bringen kann und wie man Rassismus ent­gegen­wirken kann. Melina schafft es in ihrem Buch, schwierige Gedanken in einfacher Sprache unter­halt­sam zu verpacken. Wenn wir uns mehr politische Teil­habe wünschen, brauchen wir dringend auch Lektüren, die wichtige Inhalte gut ver­mitteln.

Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum?

Ich würde eine Trigger­warnung aus­sprechen für trauma­tisierte und be­trof­fene Menschen. In dem Buch selbst sind Passagen, die als triggernd ein­ge­stuft werden, aber auch markiert, so dass man es einfach ohne sie lesen kann.

Was bleibt nach dem Lesen?

Nach dem Lesen kann ich Rassismus besser erkennen und er­klären und habe mehr Werk­zeuge, um ihm ent­gegen­zu­wirken. Obwohl es ein knall­hartes, ehr­liches Buch ist und nichts klein­redet oder ent­schuldigt, bleibt danach viel Hoffnung, dadurch, dass es Journalist*innen wie Melina gibt, die mit so einer Klar­heit und einem solchen Realismus auf die Welt schauen und trotzdem noch Antrieb und Hoff­nung haben.

Haben Sie beim Lesen des Buches etwas Neues (über sich) gelernt?

Ich habe in dem Buch sehr viel gelernt über die Macht von Sprache und darüber, wie wir un­wissent­lich Macht­struk­turen und gefähr­liche Narrative unter­stützen. Und ich habe auch gelernt: wie ich es besser machen kann.
Vor allem hat mich sehr be­schäftigt, dass ich manchmal merke, dass ich defensiv werde, wenn falsche Denk­muster ent­larvt werden. Ich fühle mich dann er­tappt. Aber ich möchte nicht, dass mir mein Ego beim Lernen im Weg steht. Lernen, auch aus eigenen Fehlern, ist ein wichtiger Prozess, auch wenn es manchmal un­an­genehm ist, mit sich selbst ins Gericht zu gehen. Aber das will ich als Wachs­tums­schmerzen ver­buchen und dank­bar sein, und das Buch nimmt einen dabei an die Hand.
Außer­dem ist mir auf­ge­fallen, dass ich einen so direkten, humor­vollen und simplen Sprach­ge­brauch über politische Themen fast nur aus dem Internet kenne. Ich denke, es ist eine Frage der Fairness und In­klusion auch in der Politik und in der Büro­kratie, die Sprache zugäng­lich zu machen und sich nicht als Gate­keeper für den Klassis­mus zu instrumen­ta­li­sieren.

Wo lesen Sie am liebsten und warum?

Am liebsten lese ich im Bett mit Kaffee am Morgen. Nur da habe ich wirk­lich die Ruhe dafür. Ich versuche es immer wieder in schönen Cafés, aber schaffe vor Ab­len­kung nicht mehr als zwei Seiten. Danke an alle, die das tun und den Städten dadurch Zauber ver­leihen.

Und was lesen Sie sonst so?

Ich lese zurzeit haupt­sächlich Zeitungen, Sach­bücher oder Gedicht­bände. Manchmal alte Bücher aus der Schul­zeit, die bei mir rum­flattern. Gerade habe ich ein Buch aus der Schul­zeit über Wittgenstein raus­ge­kramt und schau immer mal wieder rein für Denk­an­stöße und mag es, mich kurz in für mich über­wäl­tigenden philo­so­phi­schen Fragen zu ver­lieren. So eine philo­so­phi­sche Vogel­pers­pek­tive gibt mir immer ein kurzes Gefühl von Ruhe und Klar­heit. Ich bin gerade in der Release­phase meines zweiten Albums »Primetime«, und danach spiele ich meine Tour im November. Bei dem vielen Reisen ist es schön, ein Buch als Ruheort immer mal wieder raus­zu­holen. Und die Romane kommen im Urlaub zum Einsatz.

Die Indie-Pop-Sängerin Alli Neumann ist lange schon kein Geheim­tipp mehr. Mit 14 Jahren ergatterte sie ihren ersten Platten­vertrag. Mittler­weile tritt sie bei Festivals auf der Main­stage auf und ist Teil der Vox-Sendung »Sing meinen Song«. Morgen kommt ihr zweites Album raus, »Primetime«. Im ARD-Morgen­magazin verspricht sie auf die Frage, was man von dem Album erwarten darf: »Einmal alles. Für die ganze Familie«. Wir durften schon rein­hören und können Ihnen nur raten: Das sollten Sie auch tun! Und ab November können Sie Alli Neumann dann auch wieder live auf der Bühne sehen, dann ist sie auf Tour. Hier geht es zu den Terminen →

 

Mekka hier, Mekka da

von Melina Borčak (2023)

Die Filme­macherin und Journalistin Melina Borčak analysiert in ihrem Buch »Mekka hier, Mekka da« sprach­liches Framing und Denk­muster, die uns trotz bester Ab­sichten un­be­wusst in Rassismus ab­drif­ten lassen. Anhand von Beispielen zeigt sie auf, wie Sprache rassistische Denk­bilder fördert und wie man diesen ent­gegen­wirken kann.
Borčak selbst flüchtete 1992 während des Genozids gegen Bosniaken nach Deutschland, zog dann aber in ihr Heimat­land zurück. Nach fast 20 Jahren in Bosnien kehrte sie 2015 nach Deutschland zurück und arbeitet unter anderem für CNN, die ARD, die Deutsche Welle und funk.

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