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Die Schauspielerin Anna Schudt über die Erzählung »Sand Talk: Das Wissen der Aborigines und die Krisen der modernen Welt« von dem Philosophen Tyson Yunkaporta:

»Ich habe eine Sichtweise kennengelernt, die mich unendlich beschäftigt. Weil sie weise, leise und mächtig ist und weil ich einiges davon praktisch umsetzen kann.«

 

Unbedingt empfehlen möchte ich von Tyson Yunkaporta »Sand Talk. Das Wissen der Aborigines und die Krisen der modernen Welt«. Ich lese dieses Buch, weil es mich im Tiefsten fasziniert. Ich verstehe nicht alles sofort, muss immer wieder innehalten und einzelne Passagen erneut lesen, weil es so fremd und gleichzeitig so logisch und klar ist. Tyson Yunkaporta, ein australisch-indigener Philosoph, Künstler und Poet, hat ein Buch über den Beginn von nachhaltigem Denken und Leben geschrieben. Mit altem Wissen über die großen Zusammen­hänge zwischen allem Lebendigem, belebten wie unbelebten Elementen wie Steinen, dem Unsichtbaren, aber dennoch Spürbaren erinnert er mich an etwas, das in allen Lebe­wesen schlummert, durch einseitiges Denken allerdings verschütt gegangen ist und trotzdem wie ein Gong in mir anschlägt, wenn ich darüber lese.

Es geht im Prinzip um alle Themen, die uns in der heutigen Zeit betreffen – um Umwelt­schutz, Bildung, Beziehungen, Krieg und Frieden, Kommunikation. Vor allem um Letzteres. Yunkaporta führt mich weg von der kleinteiligen Analyse, hin zu ganzheitlicher, alles umfassender, gerechter Sicht­weise. Wie beglückend Teilen und Mit-teilen ist, wie Lernen uns erstrahlen lässt, wie das Anzapfen unserer großen Innenwelt unentbehrlich ist für die Verständigung mit unserer Umgebung.

Am Ende dieses Buches weiß ich, dass Yunkaporta recht hat, obwohl es darum nie geht. Er will mich weder belehren noch mir etwas aufzwängen oder mir das Gefühl geben, dass ich entweder Rauchzeichen lesen und mit einem Speer im Busch überleben oder die Welt zerstören kann. Aber ich habe eine Sicht­weise kennen­gelernt, die mich unendlich beschäftigt. Weil sie weise, leise und mächtig ist und weil ich einiges davon praktisch umsetzen kann. Weil aus dem Tropfen die Welle entsteht, was ein ausgesprochen beruhigender Aufruf zur Aktivität ist. Ich kann in meinem bescheidenen Ausmaß etwas tun für eine gesündere Welt. Ich bin nicht ohnmächtig, muss nicht nur abwarten, bis die Welt in die Luft fliegt. Ich kann etwas tun.

Dieses Buch ist allein schon dadurch heilsam, dass es geschrieben wurde. Ich bin sicher, dass seine Wirkung mit jedem Leser größer wird.

Was ich außerdem gelesen habe und mir als englisches Hör­buch noch einmal anhöre, weil ich nicht genug davon bekomme, ist »Judith und Hamnet« von Maggie O’Farrell. Was für ein Buch! Die Idee, die Sprache, die Bilder! Ungeheuerlich großartig.

Anna Schudt, Jahrgang 1974, hat schon als 19-Jährige auf der Bühne der Münchner Kammer­spiele gestanden und war später an der Berliner Schau­bühne engagiert ebenso wie am Düsseldorfer Schauspiel­haus. Für ihre Rolle als Gaby Köster in dem Fernseh­film »Ein Schnupfen hätte auch gereicht« hat Anna Schudt 2018 den Emmy Award als beste Schau­spielerin gewonnen. Millionen von »Tatort«-Freunden kennen sie als Kommissarin des Dortmunder Teams Faber und Bönisch – allerdings hat sie sich in der jüngsten Folge verabschiedet. Dafür ist sie derzeit als Bettina Gruber in der dritten Staffel von »Das Boot« zu erleben.

 

Sand Talk: Das Wissen der Aborigines und die Krisen der modernen Welt

Tyson Yunkaporta (2021)

Tyson Yunkaporta, Angehöriger des im australischen West Cape York beheimateten Apalech-Clans und Professor für Indigenes Wissen, vermittelt in seinem Buch das tiefe, komplexe und prozesshafte Wissen der Aborigines. Ein Wissen, das auf der innigen und symbiotischen Beziehung zum Land und zu den Ahnen beruht und auf dem Denken in Geschichten und dem Erkennen von Mustern. Es ist ein Wissen, das durch die westliche Zivilisation verwüstet wurde, die weite Gebiete Australiens ausgeplündert und die Kultur der Aborigines marginalisiert und verstümmelt hat.
In »Sand Talk«, übersetzt von Dirk Höfer, wird dieses verschüttete Wissen lebendig. Der Wissenschaftler Yunkaporta regt zum Perspektivwechsel an und dazu, die Krisen der modernen Welt neu zu betrachten und zu beurteilen. Dass indigene Stimmen wie auch die von Tyson Yunkaporta in der Gesellschaft bislang viel zu selten Gehör finden, kritisierte der ZEIT-Redakteur Fritz Habekuß vor Kurzem in der der ZEIT, als er über den Bestseller »Geflochtenes Süßgras« von der Botanik-Professorin Robin Wall Kimmerers schrieb.

 

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