Die Verlegerin Antje Kunstmann über den Roman »Moonfleet« von John Meade Falkner:
»Eine Geschichte vom Erwachsenwerden in anderen Zeiten, aber uns dennoch nah«
Aber nach den ersten Seiten war ich total fasziniert vom Stil und auch von der Geschichte dieses mir bis dahin unbekannten britischen Autors, der von 1858 bis 1932 gelebt hat. Eine Geschichte vom Erwachsenwerden in anderen Zeiten, aber uns dennoch nah. Denn der Autor verhandelt die großen Menschheitsthemen: Liebe und Zugehörigkeit, Armut und Reichtum, Geld und Gier. Oder vielleicht besser gesagt die Frage: Wie soll man leben? Wie findet man sich zurecht, wenn man seine Eltern verloren hat, wie, wenn man das einzige Kind verloren hat? An welche Werte kann man sich halten, welche Moral wirft man besser über Bord? Auch ein Roman über eine tiefe, selbstlose Freundschaft, wie ich es so noch nie gelesen habe, mit betörenden, bedrohlichen Schilderungen der Natur(-gewalten) und eindrücklichen Charakteren, die einen lange begleiten. Tauschen mit einem der Charaktere aus diesem Buch möchte man allerdings nicht – das Leben, von dem hier erzählt wird, würde unsereins überhaupt nicht mehr bestehen. Schlicht und einfach Weltliteratur.
Was ist sonst so lese? Großartig finde ich gerade »Paul Auster entdeckt Charles Reznikoff«, von Paul Auster und Charles Reznikoff. Die Gedichte wurden von Andrea Paluch und Robert Habeck übersetzt.
Ihre ersten Titel hat Antje Kunstmann als 22-Jährige herausgebracht und schon 1976 in Kooperation einen Verlag gegründet. Längst hat man sie als »Bücherfrau des Jahres« ausgezeichnet und gelobt wegen »ihrer Leidenschaft, ihrer Loyalität, vor allem aber wegen ihrer Unbeugsamkeit«. Den Verlag ihres eigenen Namens, unter den kleinen ein großer, führt sie mit kluger Hand, Augenmaß und großer Disziplin. Mit einem kleinen Team bringt sie im Jahr um die 30 Titel heraus – Belletristik, Sachbücher oder Essays. Zu den Autoren zählen natürlich Axel Hacke und Veronique Olmi, aber auch Mariette Navarro, Rayk Wieland oder Paul Murray.