Die Schriftstellerin Antje Rávik Strubel über den Roman »Wer hat Bambi getötet?« von Monika Fagerholm:
»Sie schreibt in einem unverwechselbaren Sound, der sich sofort ins Ohr schraubt, punkig, bissig, zärtlich, mit einer Musikalität, die die Handlung in einem atemlosen Erzählfluss präsentiert.«
Fagerholm hat das Zeug, Stimmung und Erfahrungswelt einer jungen Generation ganz nah zu kommen und dabei mit zeitlosen klassischen epischen Elementen zu spielen. Mir war, als hole sie Wedekinds »Frühlings Erwachen« anspielungsreich ins 21. Jahrhundert.
Dabei wird das Zeitgeschehen wie nebenbei im Text virulent: Das Verbrechen ereignet sich kurz vor der Finanzkrise 2009. 2014, das Jahr, in dem der Roman spielt, sind im Putz der Villen bereits Risse erkennbar. Die Blogger-Szene, neoliberale Dogmen kommen zur Sprache. »Wer hat Bambi getötet?« erzählt letztendlich witzig und poetisch von unserer Gegenwart, in der die Wahrheit einmal mehr auf dem Spiel steht und sich die Erfahrung von Freiheit und Selbstverwirklichung zwischen den Geschlechtern nach wie vor krass unterscheidet. Und nicht zuletzt stellt Fagerholm die Frage: Wie viel »rape« verdrängt unsere »culture«?
Die Buchpreisträgerin Antje Rávik Strubel machte nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Buchhändlerin, bevor sie in Potsdam und New York Literatur und Amerikanistik studierte. Ihren ersten Roman »Unter Schnee« veröffentlichte sie 2001. Für den Roman »Blaue Frau« erhielt sie 2021 den Deutschen Buchpreis. Gestern erschien ihr neuer Essay-Band »Es hört nie auf, dass man etwas sagen muss«. Besonders lesenswert auch das Gespräch von ZEIT-Autorin Jana Hensel mit der Schriftstellerin und Übersetzerin aus dem vergangenen Jahr über das Machtgefälle zwischen Frau und Mann – und zwischen Ost und West.