Der Schauspieler Axel Milberg über den Roman »Die Geschichte eines Lügners« von dem irischen Schriftsteller John Boyne
»Es ist ein toller Thriller, Seite für Seite, ich habe ihn verschlungen.«
Sehr begeistert hat mich von John Boyne »Die Geschichte eines Lügners«. Der Roman beginnt in dem mir sehr vertrauten Hotel Savoy in Berlin, in der Bar, wo die Gäste Zigarren rauchen und schweren Whisky trinken. Ein Starautor verliebt sich dort in den Kellner, der entpuppt sich als hingerissener Leser und wird seinen älteren Gast bald darauf auf einer Lesereise durch Europa begleiten. Man erzählt sich Geheimnisse und flüstert Geständnisse. Und es beginnt ein echter Krimi im Leben dieser Figuren: Man raubt sich unglaubliche Erinnerungen, gibt sie als seine eigenen aus, lässt sich dafür feiern und zerstört Künstlerseelen. Die Nebenfiguren werden Hauptfiguren, die in neuen Kapiteln ihrer gerechten Strafe nicht entgehen. Es geht um viel mehr als den internationalen Buchmarkt und seine kurzatmigen Sensationen. Es ist ein toller Thriller, Seite für Seite, ich habe ihn verschlungen. Was wäre das für ein Film?! Scheiß auf die Wahrheit, den edlen Charakter – Zynismus ist erlaubt in einer zynischen Welt. Sex wird als Köder eingesetzt. Wer was erlebt hat, ist doch längst egal. Wir alle haben alles erlebt, denn alles ist weltweit verfügbar. Aber dennoch, das eigene Leben will gelebt werden. Virtuos und spannend ist das erzählt, atemlos, voll überraschender Wendungen, ein Meisterwerk des 50-jährigen John Boyne aus Dublin.
Wem ich dieses Buch nicht empfehle? Hmm, es kann tatsächlich viel: Es ist ein Krimi, eine Liebesgeschichte, voller überraschender Wendungen, hat Humor. Man will stets wissen, wie es weitergeht und was der skrupellosen Hauptfigur einfällt oder zustößt. Also ehrlich, nur einem Trottel würde ich es nicht empfehlen.
Axel Milberg – nun, den muss man doch wirklich nicht vorstellen: Seit 2003 beglückt er Millionen Fans in der Rolle des Kieler »Tatort«-Kommissars Klaus Borowski und ermittelt in seiner Heimatstadt. Allerdings gibt es einiges, was die meisten Borowski-Fans nicht von ihm wissen: etwa, dass Milberg Literaturwissenschaften studiert hat. Und wer erinnert sich noch an seine wunderbare Rolle in »Nach fünf im Urwald« (1995) als Vater einer rebellischen Ausreißerin, gespielt von Franka Potente? Viele hat er auch beeindruckt als Ehemann der Philosophin Hannah Ahrendt, gespielt von Barbara Sukowa, in dem Spielfilm von Margarethe von Trotta. Mit seiner Frau, der Kunsthistorikerin und Malerin Judith Milberg, streifte Milberg in der Serie »Mit Milbergs im Museum« durch verschiedene Sammlungen und ließ sich von ihr zu spontanen Kommentaren verführen. Nicht zuletzt ist Milbergs Stimme auch in Hörbuch-Fassungen von Henning Mankells Romanen zu hören. Vor zwei Jahren ist Milbergs erster eigener Roman erschienen, »Düsternbrook«, über jenen Kieler Stadtteil, in dem er aufgewachsen ist. Allerdings schildert er darin weniger eigene Erinnerungen als die Jugend seiner Generation in den Sechziger- und Siebzigerjahren.