Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Umweltministerin Barbara Hendricks empfiehlt »Dorfroman« von Christoph Peters:

»Ist das eigentlich ein klassischer Entwicklungsroman oder eine Autobiographie? Beides ist richtig.«

Der Protagonist lebt schon 30 Jahre nicht mehr in seinem Heimatdorf, zu Pfingsten besucht er seine alten Eltern. Es stellt sich die Frage, wie und ob sie denn noch alleine leben können. Und im ehemaligen Kinderzimmer beim Aufräumen wird alles wieder wach. Der Achtjährige wird lebendig, ein altkluger Besserwisser, ganz gefangen in den Traditionen des Dorfes Hülkendonk und in einem strengen, prägenden Katholizismus. Zugleich ist er ein guter Beobachter, der auch kleine Begebenheiten wahrnimmt. Der Fünfzehn- bis Sechzehnjährige begehrt auf, das Dorf hat sich verändert, die Bauern bestimmen nicht mehr allein das dörfliche Leben, und von außen kommt die allergrößte Veränderung: Es soll ein neuartiges Atomkraftwerk auf der Basis von Plutonium errichtet werden.

Nur der Name Hülkendonk ist in »Dorfroman« fiktiv, aber in der Realität soll genau hier der Schnelle Brüter errichtet werden. Das stellt alles auf den Kopf: Der Bischof von Münster beruft den Kirchenvorstand ab, weil der sich weigert, Kirchenland an das Betreiberkonsortium zu verkaufen, und unser Protagonist findet mit »fast sechzehn« seine erste große Liebe. Juliane lebt mit anderen Aktivisten in dem ehemaligen Melkstall, den die Atomkraftgegner vom Bauern Praats haben mieten können.

An Pfingsten dringen in seinem ehemaligen Kinderzimmer aus 500 Meter Entfernung die Bässe und die Ansagen des DJs durch. Der Schnelle Brüter ging nie in Betrieb. Ein niederländischer Investor machte daraus einen Freizeitpark und ein Messegelände. Die Frage, wie es mit den Eltern weitergehen soll, kann vorerst nicht beantwortet werden.

Im Kernwasserwunderland findet am nächsten Wochenende der Bundesparteitag der AfD statt, auf eine andere Art toxisch als ein Atomkraftwerk. Aber sicher ist: Deren Halbwertszeit ist unvergleichlich viel geringer als die des niemals eingelagerten Plutoniums.

Die SPD-Politikerin Barbara Hendricks ist am Niederrhein verwurzelt. Sie verfügt über 25 Jahre Bundestagserfahrung. Vergangenen Freitag hielt sie im Parlament eine auf Social Media vielfach geteilte Rede darüber, wie sich der Ton im Bundestag durch die AfD verschärft hat, und kritisierte den Umgang von AFD-Mitgliedern mit Frauen. Mit ihrer Buchempfehlung deckt sie somit gleich mehrere ihrer Herzensthemen ab.

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