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Die Autorin Anne Stern über das Essay »Danach« von Rachel Cusk: 

 

»Das ganze Buch ist eine einzige Ambivalenz«

 

Das Buch in einem Satz 
Liebe im Patriarchat ist unmöglich – und lebenswichtig. 

Darum geht’s? 
Eine Partnerschaft zerbricht, und eine Frau steht vor den Scherben ihrer Familie. In mä­an­dern­den Über­legungen begibt sie sich auf die Suche nach dem Ur­sprung der Risse und richtet ihren Blick wie ein Brenn­glas auf das Scheitern. Ist Liebe persön­liches Schick­sal? Oder ist sie im Patriar­chat nicht immer politisch? 

Wie sind Sie auf das Buch gekommen? 
Ich lese seit ihrem Buch »Lebens­werk« alles von Rachel Cusk, weil ich ihre schonungs­lose Art, über das Offen­sicht­liche zu schreiben, sehr mag. Die Autorin ver­bindet in ihren Büchern und Essays mühe­los das Per­sön­liche, All­täg­liche mit dem Großen, Politischen unserer Welt. 

Was macht das Buch für Sie gerade jetzt aktuell? 
Das Buch erzählt die Geschichte einer Partner­schaft, mit Kindern, die schmerz­haft zer­bricht, und richtet den Fokus auf das Danach dieser Erup­tion. Die Erzählerin geht in sezierenden Schleifen den Gründen für das Scheitern auf den Grund. Sie denkt in ihrem Essay laut darüber nach, wie es mög­lich wäre, im Patriar­chat, mit all den Zu­schrei­bun­gen, wie eine Mutter und ein Vater zu sein haben, mit allen Limitierungen, Klischees und Fall­stricken, eine gute Partner­schaft zu führen. Ich denke, viele von uns stellen sich diese Fragen und finden nicht immer gute Ant­worten darauf. Rachel Cusk leider auch nicht – doch allein das gemein­same Nach­denken darüber ent­lastet und öffnet neue Wege. 

Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum? 
Menschen, die gern hören, was wahr und falsch ist, und die Grau­zonen schlecht aus­halten – denn das ganze Buch ist eine einzige Ambi­va­lenz. Und Menschen, die antike Tragö­dien nicht so lieben wie ich, denn deren Narra­tive zieht Cusk immer wieder als Ana­logie für unser Leben heran. 

Was bleibt nach dem Lesen? 
Mehr Raum im Kopf. Das Buch ist anstrengend, es fordert die Lesenden heraus – kognitiv, weil viele Gedanken komplex sind, und emotional, weil man sich auto­ma­tisch bei der Lek­türe fragt – wie ist das bei mir, bei uns? 

Wo lesen Sie am liebsten und warum? 
Am liebsten lese ich, während ich fahre – in der U-Bahn, im Bus, im Zug. Draußen zieht die Land­schaft vorbei, drinnen in meinem Kopf durch­fahre ich die Land­schaften der Wörter, und das Ziel scheint offen. 

Die promovierte Literatur­wissen­schaft­lerin begann ihre Autorinnen­lauf­bahn einst als Self­publisherin. Mittler­weile gehört Anne Stern zu den erfolg­reichsten Autor­innen Deutschlands. Jeder Band ihrer »Fräulein Gold«-Reihe über eine Berliner Hebamme landete auf der Best­seller­liste. Vor­gestern ist der 7. Band »Nacht über der Havel« erschienen. Besonders erfolg­reich und lesens­wert ist aber auch ihre Trilogie über die Semper­oper im Dresden des 19. Jahr­hunderts. Jetzt sind wir gespannt auf ihren neuesten Roman »Wenn die Tage länger werden«, der am 12. März im Aufbau Verlag erscheinen wird.

 

Danach

Rachel Cusk (2022)

 

 

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