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Der Schauspieler Christian Erdmann über den Roman »Dein Fortsein ist Finsternis« von Jón Kalman Stefánsson:

 

»Nach dem Lesen bleibt ein wacher, achtsamer, lächelnder, bejahender Blick auf das Dasein.«

 

Das Buch in einem Satz
Es lebe das Leben!

 

Wie sind Sie auf das Buch gekommen?
Meine Frau hat es mir empfohlen – wir lieben Bücher, lesen unsere eigenen Stapel klein, und wenn dem einen ein Buch besonders gefällt, landet es auf dem Stapel des anderen.

 

Was macht das Buch für Sie gerade jetzt aktuell?
Wir haben fast immer eine Wahl. Wir können Ent­scheidungen treffen, unserem Leben eine Richtung geben und es gestalten. Wir können uns und damit die Umstände unseres Daseins in Bewegung setzen – anstatt sie nur aus­zu­halten und zu ertragen. Das finde ich, der nächstes Jahr 50 Jahre alt wird, einerseits persön­lich, in An­be­tracht der großen Heraus­forderungen aber auch gesell­schaft­lich sehr aktuell.

 

Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum?
Die Schicksals­gläubigen, die Zyniker, die Rationalen – sie könnten die Erkenntnis erlangen, dass sie sich irren.

 

Was bleibt nach dem Lesen?
Mich tröstet die Erkenntnis ungemein, dass diesen Reigen von Leben, Liebe, Tod schon so unsagbar viele Menschen vor uns getanzt haben – mit all der Leiden­schaft und Lust, Angst und Hoffnung, Un­be­dingt­heit und Ver­geb­lich­keit.
Es bleibt ein wacher, achtsamer, lächelnder, bejahender Blick auf das Dasein.

 

Haben Sie beim Lesen des Buches etwas Neues (über sich) gelernt?
Die nicht allzu neue Erkenntnis, dass das Leben einmalig und endlich und dabei eine der schönsten und schwersten Aufgaben ist, hat sich beim Lesen dieses Buches auf ver­gnüg­liche Weise mani­fes­tiert. Darüber hinaus habe ich erfahren, dass der Tod eine eigene Playlist hat, die ich mit Freude an­ge­hört habe.

 

Wenn Sie mit einem Charakter aus dem Buch tauschen könnten, welcher wäre das und warum?
Ich würde eine Zeit lang Guðriður sein wollen, eine Bäuerin im islän­di­schen Nirgend­wo – sie hatte vor etwa hundert Jahren den Mut und das Vertrauen, mit ihrer Neugier und ihrer Erkennt­nis­lust eine für sie völlig neue und fremde Welt zu erkunden. Was für Kosmen sich einem erschließen können, wenn man sich nicht ängstigen lässt von Konventionen!

 

Wo lesen Sie am liebsten und warum?
Zu Hause am Esstisch, das ist für mich der Ort, wo ich mich am besten konzen­trieren kann – auf das Essen, auf das Gegen­über und eben auf die Lektüre. Gerne auch auf einer Bank im Freien. Ich liebe es, wenn ich zwischen den Kapiteln oder nach Sätzen, in die man sich augen­blick­lich verliebt, Blicke und Gedanken schweifen lassen kann.

 

Und was lesen Sie sonst so?
Gerade einen wilden Mix aus Sachbüchern (»Alltag im Mittelalter« von Ernst Schubert, »Unverfüg­bar­keit« von Hartmut Rosa, »Glaube, Hoffnung und Gemetzel« von Nick Cave) und Belletristik (»Spinner« von Benedict Wells, »Möchte die Witwe an­ge­sprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gieß­kanne mit dem Aus­guss nach vorne« von Saša Stanišić, »Windstärke 17« von Caroline Wahl).

 

Der Schauspieler Christian Erdmann hat jahre­lang vor allem an den großen Schau­spiel­häusern dieses Landes gearbeitet. Seit 2019 ist er regel­mäßig auch in Film und Fernsehen zu sehen. So zum Beispiel in der Haupt­rolle in den Dramen »Nur eine Handvoll Leben« und »Aufbruch in die Freiheit«. 2017 über­nahm er die Rolle des Haupt­kommissars Frank Weller in den Ost­friesen­krimis. Am 28. Dezember sucht er in der Episode »Ostfriesennacht« einen Serien­killer, der Frauen in Ferien­wohnungen tötet. Für ihn der Haupt­ver­däch­tige: der neue Freund seiner Tochter.

 

Dein Fortsein ist Finsternis

Jón Kalman Stefánsson (2023)

 

 

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