Die Autorin Martina Bogdahn über das Sachbuch »Mit Nachsicht« des Autors und Psychotherapeuten Sina Haghiri:
»Ich spüre wieder Lust, an das Gute im Menschen zu glauben.«
Welches Buch hat Sie kürzlich richtig begeistert?
Gerade habe ich »Mit Nachsicht« des Autors und Psychotherapeuten Sina Haghiri gelesen, Untertitel: »Wie Empathie uns selbst und vielleicht sogar die Welt verändern kann«. Ich hatte schon lange kein Sachbuch mehr in der Hand, bin aber sehr froh, dass ich mich für dieses entschieden habe, denn es ist ein wundervolles Plädoyer für Empathie und Nachsicht.
Was macht das Buch für Sie gerade aktuell?
Die Welt und ihre Krisen lassen mich oft nachts nicht schlafen. Ich mache mir derzeit schwere Gedanken, besonders um die Zukunft, insbesondere auch um die Zukunft meiner Kinder. Manchmal überfordert mich die Flut schlechter Nachrichten, dann frage ich mich, was mir noch Zuversicht geben könnte. Jetzt, nachdem ich »Mit Nachsicht« gelesen habe, spüre ich wieder Lust, an das Gute im Menschen zu glauben.
Können Sie sich mit einer Figur aus dem Buch identifizieren?
Oh, da gibt es in »Mit Nachsicht« ganz viele Figuren, in denen ich mich wiederfinden kann. Auch wenn es sich um ein Sachbuch handelt, beginnt es beim Einzelnen, bevor es den großen gesellschaftlichen Bogen spannt. Allein der Versuch, sich in die Teilnehmerin einer psychologischen Studie hineinzuversetzen, hat mir den einen oder anderen Aha-Moment beschert.
Oder haben Sie aus diesem Buch etwas Neues über sich gelernt?
Ich habe ganz viel Neues gelernt. Und fast am meisten hat mich der Hinweis Haghiris beeindruckt, dass wir Menschen uns selbst häufig für »sehr zufrieden« halten, von Mitmenschen aber annehmen, dass sie das eben überhaupt nicht sind. Wenn man diesen Gedanken weiterverfolgt, bedeutet es, dass wir in einer Gesellschaft leben, die positiver gestimmt ist als vermutet.
Wo lesen Sie am liebsten, und was lesen Sie sonst so?
Am liebsten lese ich abends im Bett. Eigentlich finde ich nur hier richtig zur Ruhe, und ich mag es, wenn mir beim Lesen die Augen zufallen und ich noch eine Weile in der Geschichte hängen bleiben darf, ohne mich bewegen zu müssen. Und da kann ich nur von meiner letzten »Gute-Nacht-Lektüre« schwärmen: »Mein Jahr der Ruhe und Entspannung« von Ottessa Moshfegh. Es handelt von einer jungen Frau, die versucht, ein ganzes Jahr lang einfach nur zu schlafen. Eine herrliche Vorstellung – jetzt, wo ich nicht mehr nachts wach liege und grübeln muss.
»Man weiß nie, wo es hingeht im Leben, aber man weiß immer, wo man herkommt« – dieser Satz könnte über Martina Bogdahns Leben und Schreiben stehen. Sie ist 1976 in Mittelfranken geboren, hat Kommunikationsdesign studiert und arbeitet als Fotografin in München. Von einem Freund ermutigt, hat sie begonnen zu schreiben, und herausgekommen ist dabei der Überraschungserfolg des Sommers, »Mühlensommer«. Eine alleinerziehende Mutter wird eines Tages zurückgerufen auf den Hof, auf dem sie aufgewachsen ist, einen Einödhof auf dem Land. Eine warmherzige Erzählung über das Woher und Wohin eines Lebenslaufs, über Prägung und Erkenntnis.