
Der Schauspieler Helgi Schmid über das Sachbuch »Im Grunde gut« von Rutger Bregman
»Füreinander statt Gegeneinander. Was für ein wunderbares Gegennarrativ!«
Das Buch in einem Satz
Ist der Mensch im Grunde gut?
Wie sind Sie auf das Buch gekommen?
Es war ein Abschlussgeschenk nach den Dreharbeiten der Serie »Wo wir sind, ist oben«, in der ich einen skrupellosen Lobbyisten spielte.
Was macht das Buch für Sie gerade jetzt aktuell?
Wir stolpern von einer Krise in die nächste. Und immer dringender stellt sich die Frage: Will der Mensch die Probleme vielleicht gar nicht lösen? Ist er der Grund des Problems? Vielleicht ist unser Wesen einfach zu egoistisch, asozial, zerstörerisch?! Genau hier setzt Rutger Bregman an und schenkt mir Hoffnung. Er blickt auf Ereignisse der Vergangenheit, zeigt, wie daraus oft die falschen Schlüsse auf das Wesen des Menschen gezogen wurden – und entkräftet sie. Ein Beispiel: »Herr der Fliegen«. Die Romanversion ist düster, aber die wahre Geschichte verlief ganz anders. Jugendliche, die wirklich auf einer Insel strandeten, halfen einander, organisierten sich solidarisch und sorgten dafür, dass alle überlebten. Füreinander statt Gegeneinander. Was für ein wunderbares Gegennarrativ!
Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum?
Zynische Berufspolitiker. Das Buch nimmt ihnen das liebste Werkzeug: das Feindbild.
Was bleibt nach dem Lesen?
Hoffnung in die Menschen – und gleichzeitig Enttäuschung über das tägliche Zerfleischen im politischen Betrieb.
Haben Sie beim Lesen des Buches etwas Neues gelernt?
Nicht Egoismus oder Gewalt sind die Norm, sondern Vertrauen und Zusammenarbeit. Das düstere Menschenbild, das wir oft hören, ist kulturell tief verankert – aber wissenschaftlich und historisch kaum haltbar.
Wenn Sie mit einem Charakter aus dem Buch tauschen könnten, welcher wäre das und warum?
Mit einer Bürgerin aus Porto Alegre, die an der partizipativen Haushaltsplanung teilnimmt. Statt nur zuzuschauen, wie Politik über unsere Köpfe hinweg entscheidet, durfte dort jede und jeder mitreden, wohin die Gelder fließen. Wenn man Menschen zutraut, über Gemeindegelder mitzuentscheiden, entstehen Engagement, bessere Versorgung und mehr Vertrauen in Demokratie. Für einen Moment Teil einer solchen echten Demokratie zu sein – das würde ich sofort eintauschen.
Und was lesen Sie sonst so?
Gerade einen Reiseführer zu Prag, für das Filmprojekt »Intermezzo« von Sally Rooney– und zum Abschalten die wunderbar unterhaltsame Krimikomödie »Wackelkontakt« von Wolf Haas.
Der Schauspieler Helgi Schmid ist sowohl im Fernsehen als auch auf der Bühne regelmäßig zu sehen. Als festes Ensemblemitglied war er unter anderem in Freiburg und in Düsseldorf am Theater. Einem größeren Publikum wurde Helgi Schmid durch die Krimiserie »Professor T« bekannt. Aktuell spielt er eine der Hauptrollen in der Serie »Feste feiern«, die hier in der ZDF-Mediathek abrufbar ist. Darüber hinaus ist Helgi Schmid am 18. Oktober im Krimi »Stralsund – Ablaufdatum« im ZDF zu sehen.