© privat

Der Regisseur Michael Schwarz über »Die Geschichten in uns« von Benedict Wells:

 

 

»Eine faszi­nierende Me­lange aus eindrück­licher Auto­biografie und subjekt­ivem Ein­blick in Wells’ Schreib­werkstatt.«

 

Das Buch in einem Satz:
Un­eitel, humor­voll er­zählt und vor allem sehr inspi­rierend.

 

Wie sind Sie auf das Buch ge­kommen?
Auf Em­pfehlung meines früheren Film­professors; tatsäch­lich schlägt Wells in seinem Text häufig den Bogen zur Film­arbeit, es geht auch ganz allgemein um den künstler­ischen Prozess an sich mit all seinen Heraus­forderungen. Gerade das teils jahre­lange Über­arbeiten der ursprüng­lichen Manus­kripte er­innerte mich häufig an eigene Er­fahrungen in der Montage, die ins­besondere bei Dokumentar­filmen ja essenziell für die Drama­turgie des Films ist. Wells nimmt auch direkt Bezug auf den film­ischen Schnitt­prozess, wenn es um Ver­dichtung und Tempo geht – welche Szenen sind wirk­lich essenziell für die Erzähl­ung, welche Szenen können sogar stärker wirken, wenn sie eher in der Fantasie der Zu­schauer oder Leser­innen statt­finden?

 

Was bleibt nach dem Lesen?
Eine große Lust auf künstler­isch-kreatives Arbeiten – ver­bunden mit der Bestäti­gung, dass damit immer viel Geduld, Aus­dauer und Leiden­schaft einher­gehen. Gerade die ehr­liche und sehr offene Schilder­ung der vielen persönlichen Nieder­lagen, Unsicher­heiten, Zweifel, die Wells auf seinem eigenen künstler­ischen Weg zu über­winden hatte und in Teilen immer noch über­winden muss, hat mich emotional sehr berührt und an das Buch ge­bunden.

 

Und was lesen Sie sonst so?
»Die Ge­schichten in uns« hat mir wieder große Lust auf die schöne »Daily Rituals: How Artists Work«-Reihe von Mason Currey gemacht – absolut lesens­wert, kurz­weilig und nicht selten auch richtig witzig und skurril. Erst kürz­lich hatte ich wieder »Auch Deutsche unter den Opfern« von Benjamin von Stuckrad-Barre in den Händen; immer wieder eine Freude, wie pointiert und scharf­sinnig er seine präzisen Alltags­beobacht­ungen zu Papier bringen kann. Einer der schönsten und für mich persön­lich wichtigsten Texte zum dokumentarisch-filmischen Arbeiten bleibt übrigens Thomas Schadts »Das Gefühl des Augen­blicks«: »Man muss den Beruf des Dokumentar­filmers schon besonders mögen, um immer wieder Lust zu ver­spüren, dem Leben mit so viel zeit­lichem und nerv­lichem Auf­wand hinter­her­zujagen. (…) Und man muss die Menschen lieben! Wie sonst soll man ein Leben lang immer wieder neue finden, die die Ge­schichten des Lebens besser er­zählen können als man selbst. In Hin­blick auf mein aktuelles Film­projekt hat mich ins­besondere Bronnie Wares »The Top Five Regrets of the Dying« un­glaublich fasziniert; viele tod­kranke Menschen be­richten in ihrer persön­lichen Rück­schau erstaunliche­rweise von sehr ähnlichen Ver­säumnissen… «

 

Michael Schwarz ist eine wichtige Stimme im zeit­genössischen deutschen Film. Mit seinem Ge­spür für ab­gründ­igen Humor und seinem den Menschen zuge­wandten Blick hat er sich einen festen Platz in der deutschen Kultur­landschaft er­arbeitet. Zuletzt eröffnete Schwarz mit seiner Doku­mentation »Der Tod ist ein Arsch­loch« das Kino­festival FILMZ in Mainz. Darin be­gleitet er den Berliner Bestatter Eric Wrede bei seiner Arbeit: ein Plädoyer für das Leben – auch oder viel­leicht be­sonders im Ange­sicht des Todes und des Ab­schieds. Kino­start ist der 27. November 2025.

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