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Der DJ und Produzent Parov Stelar über den Roman »Die Chroniken des Auf­zieh­vogels« von Haruki Murakami:

 

 

 

»Ein Spiel von Parallel­welten und Zeit­sprüngen, ge­mischt mit knochen­trockener Real­ität«

 

Das Buch in drei Wörtern
Ge­lebtes stoizist­isches Chaos

 

Wie sind Sie auf das Buch ge­kommen?
Durch den Ex-Lebens­gefährten meiner Mutter vor 30 Jahren.

Was macht das Buch für Sie ge­rade jetzt aktuell?
Ich lese das Buch nach drei Jahr­zehnten zum zweiten Mal und erlebe es durch meinen zurück­gelegten Weg völlig anders als damals. Ich bin über­zeugt, dass Bücher die Menschen finden – à la C. G. Jungs Theorie der Synchron­izität. Murakamis Stil schafft einen fließenden und naht­losen Über­gang vom Realitäts­verständnis zur Mystik und zum Sur­realismus. Dieses Spiel von Parallel­welten und Zeit­sprüngen, ge­mischt mit knochen­trockener Realität, spiegelt meine eigene momentane Stimmung perfekt wider – gerade bei der Arbeit an meinem neuen Album »Artifact« habe ich viele Parallelen ge­spürt und ver­arbeitet.

 

Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum?
Menschen, die leichte Urlaubs­lektüre oder schnelle Action er­warten, wären wahr­scheinlich sehr ent­täuscht. Murakamis Geschichten fordern Zeit und die Bereit­schaft, sich auf un­konventionelle Erzähl­strukturen einzu­lassen.

 

Was bleibt nach dem Lesen?
Die Gewiss­heit, dass man eine Geschichte gelesen und trotzdem nur einen von vielen mög­lichen Aus­gängen er­wischt hat – je nachdem, wo man selbst gerade steht.

 

Haben Sie beim Lesen des Buches etwas Neues ge­lernt?
Dass die Empfind­ung von Wahr­heit und Real­ität sehr fragil und an den eigenen Ent­wicklungs­stand ge­koppelt ist. Wie gesagt, das gleiche Buch mit den gleichen Aus­sagen war vor 30 Jahren ein anderes für mich. Somit stellt sich die Frage, ob Kritik an einem künstler­ischen Werk ledig­lich die Entwicklungs­stufe des Kritikers ab­bildet. Es braucht manchmal Zeit, um in Wahr­heiten, An­sichten und Mein­ungen die Komplex­ität und Schichten zu erkennen.

 

Wenn Sie mit einem Charakter aus dem Buch tauschen könnten, welcher wäre das und warum?
Ich hatte – wie bei »Die un­endliche Geschichte« – das Gefühl, dass ich als Leser selbst zu einer Figur geworden bin: der Betrachter. Und diese Rolle war mir die liebste.

 

Wo lesen Sie am liebsten und warum?
Das ist ver­schieden – manchmal im Tour­bus, im Flug­zeug oder auch im Bett. Da ich viel reise, ist es eine perfekte Strategie, die Wirklich­keit kurz auszu­blenden.

 

Und was lesen Sie sonst so?
Ich bin ein sehr großer Be­wunderer der Schweizer – alles von Max Frisch bis zu Martin Suter. Auch das gesamte Werk von Carlos Ruiz Zafón habe ich ver­schlungen. Leider ist er viel zu früh ver­storben. Aber zwischen­durch darf es auch mal ein Harlan Coben oder ein Jo Nesbø sein.

 

Parov Stelar, bürger­lich Marcus Füreder, prägt als einer der inno­vativsten Köpfe seit über 20 Jahren die elektro­nische Musik­szene. Der öster­reich­ische Musiker, Produzent und DJ hat mit seinem Stil, der Jazz, Swing und elektro­nische Beats ver­schmilzt, das Genre »Electro Swing« mit er­funden und populär ge­macht. Mit seinem neuen Album »Artifact« vereint Parov Stelar erneut Moderne und Klassik und überwindet in einem Mix aus Pop- und Elektro-Entwürfen Genregrenzen.

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