Der Sänger Clueso über den autobiografischen Roman »Panikherz« von Benjamin von Stuckrad-Barre:
»Man fühlt sich wirklich verbunden und nicht alleine, irgendwie verstanden, ohne dass einer einen absichtlich in den Arm nimmt.«
Das Buch in einem Satz?
»Panikherz« ist eine Art Autoren-Rock-’n‘-Roll-Roadmovie als Buch mit humorvollen, aber sensiblen Sätzen.
Wie bist du auf das Buch gekommen?
Stucki hat’s mir gegeben.
Was macht das Buch für dich gerade jetzt aktuell?
Vor dem letzten Lockdown musste ich oft nach Berlin und hatte im Hotel immer das Zimmer direkt gegenüber von Stucki. Morgens haben wir uns zum Kaffee getroffen, ein bisschen reden, Ideen austauschen, und jeder geht an sein Werk und seinen Tag. Als Autor ist Stucki für mich wie eine Indie-Band, deren Klangideal im Perfektionismus liegt. Er arbeitet sehr hart dafür, dass es so hingeschleudert klingt – zumindest muss es so sein. Denn er sitzt manchmal ewig an einem Satz oder einer Seite, aber wenn ich es lese, klingt es genauso, wie wenn wir uns morgens unterhalten. Als säße er einem direkt gegenüber, redend und rauchend.
Ich habe das Buch nicht gewählt, weil der Inhalt gerade besonders zum Zeitgeschehen passt, sondern vielmehr weil sich zum ersten Mal seit Langem ein Zeitfenster aufgetan hat, das es mir ermöglicht, besser in das Buch einzutauchen. Gestückeltes Lesen in U-Bahn oder Taxi ist nichts für mich, wenn, dann will ich es durchziehen. Ich finde das Bild so schön, dass jemand in der Badewanne liegt und liest, bis die Finger schrumpeln. Das kannte ich von meinem Vater. Ich selbst aber habe nicht die Ruhe dafür, deswegen lese ich lieber Gedichte.
Wen würdest du vor dem Buch warnen und warum?
Jeden, der sich selbst und dadurch die Welt viel zu ernst nimmt. Das kann nicht gut gehen 🙂
Was bleibt nach dem Lesen?
Man fühlt sich wirklich verbunden und nicht alleine, irgendwie verstanden, ohne dass einer einen so absichtlich in den Arm nimmt.
Hast du beim Lesen des Buches etwas Neues (über dich) gelernt?
Ja, dass man nur sich selbst helfen kann. Da gibt es leider keine Abkürzung.
Wenn du mit einem Charakter aus dem Buch tauschen könntest, welcher wäre das und warum?
Ich möchte nicht durchmachen, was Stucki durchgemacht hat, aber man fühlt schon sehr mit ihm mit – ich denke, am Ende würde ich mit Udo Lindenberg tauschen: er ist genauso genial, wie er auf den ersten paar Seiten beschrieben wird.
Wo liest du am liebsten und warum?
Am liebsten im Urlaub, weil ich mir da oft das Ziel setze, von Dingen, die ich sonst mache, wegzukommen.
Und was liest du sonst so?
Wie gesagt – Gedichte. »Das lyrische Stenogrammheft« von Mascha Kaléko ist sogar eine Art Talisman für mich, ich hab es immer dabei. Die Denkweise von anderen Leuten zu sehen entspannt und inspiriert mich beim eigenen Schreiben, weil ich immer wieder merke: man muss nicht alles verstehen, sondern nur fühlen.
Der Sänger und Songwriter Clueso bringt morgen eine neue Single raus. Der Song, den er selbst produziert hat, heißt »Leider Berlin« und wurde in Erfurt aufgenommen. »Mehr Clueso geht eigentlich nicht …«, sagt er selbst auf Instagram. Wir sind schon sehr gespannt und möchten Ihnen heute noch mal das ZEIT-Interview mit ihm aus dem Jahr 2018 über seine Geburtsstadt Erfurt ans Herz legen.