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Der Schauspieler Damian Hardung über den Roman »Steine schmeißen« von Sophia Fritz:

»Das Buch ist für mich eine Blickdiagnose meiner Generation, die gar nicht immer schneller, höher und weiter will.«

 

Zwischen zwei Drehs, irgendwo auf der ICE-Strecke zwischen Berlin und München, habe ich vergessen, meinen Text für den nächsten Drehtag zu lernen, weil ich »Steine schmeißen« von Sophia Fritz nicht aus den Händen legen konnte. Es war der Glücks­griff einer Buch­händlerin, deren kleine Buch­handlung mein Glücks­griff wurde. »Steine schmeißen« spiegelt meine Generation wider. Uns, die wir irgendwo zwischen Schul­abschluss, Studium und Angst vor dem Hamster­rad des Jobs verzweifelt nach einem Fahrplan suchen, der nicht andauernd entweder Verspätung oder technische Hindernisse anzeigt. Das Buch ist für mich eine Blick­diagnose meiner Generation, die gar nicht immer schneller, höher und weiter will. Meine Generation will einfach nur, dass nicht alles schlimmer wird. Ich selber will kein neues Wirtschafts­wunder, ich will eine 4-Tage-Woche, in der ich Zeit habe, irgendwas zu fühlen. Ich will die Intimität von klassischen Beziehungen, aber habe Angst, mir die aktuellen Scheidungs­raten anzuschauen. Ich will das Sich-fallen-Lassen von langer Freundschaft, aber ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal zwei Wochen ununterbrochen an einem Ort war. All das verhandelt die Freundes­gruppe in »Steine schmeißen«, die an einem Silvester­abend das vergangene Jahr loswerden möchte, indem sie auf Steine schreibt, was sie los­werden möchte, und diese anschließend in die Donau schmeißt. Mit dabei ist die stille Hoffnung, dass das nächste Jahr irgendwie »okayer« wird. Auch dabei ist die Lüge, da niemand in der Freundes­gruppe ehrlich zu den anderen oder zumindest zu sich selbst ist. Mit den Steinen, die durchs Wohn­zimmer rollen, fallen auch die Karten­häuser der erbauten Geschichten in sich zusammen. Die Beziehung, die es gar nicht mehr gibt, oder die Affäre, die es nicht hätte geben sollen; die Schwangerschaft, die gar nicht da sein konnte, oder der Puff-Besuch, der ziemlich sicher einfach da war – eine Coming-of-Age-Geschichte, die einem auf der Suche nach was auch immer hilft. Die das Nicht-okay-Sein entpathologisiert und die einen vor allem okay fühlen lässt, wenn man erst abends im Hotel den Text für den morgigen Tag lernt.

Berühmt wurde der Schauspieler Damian Hardung spätestens durch seine Rolle in der preis­gekrönten Serie »Der Club der roten Bänder« und dem gleichnamigen Kinofilm. Später kamen dann auch noch Hauptrollen in der Netflix-Serie »How to Sell Drugs Online (Fast)« und der ARD-Serie »Unsere wunderbaren Jahre« hinzu. Sollten Sie die erste Staffel über die Nach­kriegs­zeit verpasst haben, wäre jetzt eine günstige Gelegenheit, die Folgen in der ARD-Mediathek anzuschauen. Dort ist nämlich ganz frisch auch die langersehnte zweite Staffel eingetroffen, die ab Samstag im Ersten ausgestrahlt wird.

 

Steine schmeißen

von Sophia Fritz (2021)

In der Wiener Silvesternacht wollen Anna und ihre Freunde das alte Jahr rituell verabschieden. Dazu sollen sie ihre Tiefpunkte auf therapeutische Steine schreiben und später in die Donau werfen. Doch je heftiger der Abend wird, desto stärker wirkt der Strudel aus Lügen, Misstrauen und Täuschung. Dann reißt ein ungebetener Gast alles mit, woran sich Anna und ihre Freunde festgehalten haben. Dieses Porträt einer Generation, die mit sich selbst ringt, wurde von der Autorin Sophia Fritz verfasst. Die 24-Jährige studierte in München Dramaturgie, absolvierte eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin und zur Tantralehrerin und schreibt als freie Autorin unter anderem für die ZEIT und die FAZ.

 

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