Der Dirigent Kent Nagano über die Biografie »Mao. Das Leben eines Mannes, das Schicksal eines Volkes« von Jung Chang und Jon Halliday:
»Das Buch steckt voller Einsichten und überraschender Entdeckungen.«
Ich möchte gleich zwei Bücher empfehlen, beide handeln von Menschen aus der Geschichte.
Das erste haben Jung Chang und Jon Halliday verfasst, »Mao. Das Leben eines Mannes, das Schicksal eines Volkes«. Dies ist die sehr sorgfältig recherchierte Biografie des prominentesten Führers des 20. Jahrhunderts. Es fußt auf Interviews mit Zeugen aus Maos innerem Kreis sowie vielen internationalen Zeitgenossen, die mit ihm in Verbindung standen. Da viele dieser Interviewten aus Sorge vor den Konsequenzen zuvor niemals offen sprechen konnten, steckt das Buch voller Einsichten und überraschender Entdeckungen. Es beleuchtet die Beurteilung seiner Politik, die nichts zu tun hatte mit dem Idealismus oder der Ideologie, mit denen er üblicherweise in Verbindung gebracht wird.
Ebenso empfehlen möchte ich das Buch über einen ganz anderen Menschen: »Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters« von Stefan Zweig. Diese Biografie über die sehr bekannte, aber immer wieder kontrovers beurteilte historische Figur bietet zahlreiche unterschiedliche Perspektiven: Als Vierzehnjährige wird die österreichische Prinzessin 1770 mit dem Dauphin Ludwig August von Frankreich verheiratet, eine vom Hof geplante strategische Eheschließung. 1774 ist Marie Antoinette dann Königin an der Seite von Ludwig XVI.
Stefan Zweig hat sich tief in die Korrespondenz zwischen Marie Antoinette und ihrer Mutter, Kaiserin Maria Theresia, und mit anderen Zeitgenossen vertieft. Dies führt, wie der Leser feststellen kann, zu einer komplett anderen Bewertung dieser Frau als die in der Popkultur der Gegenwart verbreitete. Zweig zeigt sie als lebhaften, temperamentvollen Charakter, zeigt ihre Liebe zur Kunst und die komplizierte Beziehung sowohl zu ihrem Ehemann als auch zum königlichen Hof. Präzise benennt der Autor hinter den sozialen Unruhen die ökonomische Krise des Landes, die nach und nach zur Revolution führt. Er beschreibt auch die Entwicklung von anfänglicher Zuneigung der Bevölkerung zu dieser Prinzessin bis hin zu Abneigung und Hass. Detailliert geschildert werden ihre missglückte Flucht nach Varennes, die elenden Umstände ihrer Gefangenschaft, der innige Abschied von ihren geliebten Kindern ebenso wie die boshafte politische Intrige, die in Marie Antoinettes Tod unter der Guillotine kulminiert.
»Die deutsche Musiktradition und Komponisten wie Bach, Mozart Beethoven und Brahms retteten mein Leben«, so sagte es der weltweit anerkannte Dirigent Kent Nagano kürzlich in seiner Dankrede zur Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes.
Der US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln wurde 1951 in Berkeley, Kalifornien geboren und lernte als Kind Klavier und Klarinette. Er gilt als einer der herausragenden Dirigenten sowohl für das Konzert- als auch das Opernrepertoire und ist seit 2015 Generalmusikdirektor in Hamburg. 2021 erschien sein Buch »10 Lessons of my life. Was wirklich zählt« (zusammen mit Ing Kloepfer). In diesem Jahr widmet sich Nagano dem Projekt »The Wagner Cycles« der Dresdner Musikfestspiele und wird sechsmal »Die Walküre« mit dem Dresdner Festspielorchester und Concerto Köln konzertant nach neuesten Kenntnissen der Wagner-Forschung aufführen.