Die Filmemacherin und Drehbuchautorin Julia von Heinz empfiehlt den Roman »Lola Bensky« von Lily Brett:
»Das Buch ist so unterhaltsam und schonungslos im Umgang mit der weiblichen Hauptfigur, dass es nicht mahnend oder didaktisch ist.«
Das Buch in einem Satz
Lola ist Rockjournalistin, übergewichtig und kämpft mit dem transgenerationalen Trauma, das ihre Eltern an sie weitergegeben haben. Beide haben das Todeslager Auschwitz überlebt.
Wie sind Sie auf das Buch gekommen?
Ich bin ein großer Lily-Brett-Fan und habe spätestens, seit ich ihren Roman »Zu viele Männer« für die Leinwand adaptierte, jedes ihrer Bücher gelesen, das in Deutschland neu erschien.
Was macht das Buch für Sie gerade jetzt aktuell?
Das Buch ist Teil der Erinnerungskultur, indem es auf der Folie des Holocaust erzählt. Aber das Buch ist so unterhaltsam und schonungslos im Umgang mit der weiblichen Hauptfigur, dass es nicht mahnend oder didaktisch ist. Wir brauchen heute mehr denn je neue Formen und Narrative, um die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.
Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum?
Ich würde AfD-WählerInnen davor warnen. Wenn sie es gelesen haben, können sie diese Partei nicht ernsthaft weiter unterstützen. Insofern möchte ich ihnen das Buch auch gleichzeitig empfehlen.
Was bleibt nach dem Lesen?
Der Wunsch, ALLE Romane von Lily Brett zu lesen.
Haben Sie beim Lesen des Buches etwas Neues (über sich) gelernt?
Dass es unterhaltsam, modern und stark ist, wenn man als Frau die eigenen Unsicherheiten, Schwächen und Unzulänglichkeiten auf den Tisch legt und sie nicht schamhaft versteckt.
Wenn Sie mit einem Charakter aus dem Buch tauschen könnten, welcher wäre das und warum?
Mit der Hauptfigur Lola, wenn sie Janis Joplin interviewt. Ich liebe Janis Joplins Musik über alles.
Wo lesen Sie am liebsten und warum?
Ich lese, wo ich gehe und stehe, zu Hause, auf Bahnfahrten, im Wartezimmer beim Arzt. Es ist mir egal, in welcher Umgebung ich dabei bin.
Und was lesen Sie sonst so?
Ich habe gerade das Buch »Über Frauen« von Susan Sontag gelesen. Ich dachte, es sei ein aktueller Text, bis ich am Schluss feststellte, dass er von 1973 ist. Da war ich so erstaunt, dass ich ihn noch einmal gelesen habe.
Julia von Heinz ist Regisseurin, Drehbuchautorin und lehrt auch an der Hochschule für Film und Fernsehen in München. International bekannt wurde sie mit ihrem Film »Und morgen die ganze Welt«, der vor 4 Jahren für Deutschland ins Oscar-Rennen ging. Am 12. September kommt mit der Verfilmung des Bestsellers von »Zu viele Männer« von Lily Brett ihr erster internationaler Spielfilm »Treasure – Familie ist ein fremdes Land« in die Kinos. Der Film mit Lena Dunham und Stephen Fry in den Hauptrollen ist eine Vater-Tochter-Reise zu den Familienwurzeln nach Polen.