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Die Moderatorin und Journalistin Susan Link über die Erzählung »Kartonwand« von Fatih Çevikkollu:

»Migration ist ein großes Thema in Deutsch­land. Das Buch macht erlebbar, wie viel ver­säumt wurde und wie viel noch zu tun ist.«:

 

Welches Buch hat Sie kürzlich richtig begeistert?
Das Buch »Karton­wand« von Fatih Çevikkollu hat mich sehr be­ein­druckt. Eine Familien­geschichte, eine Geschichte über Arbeits­migration und deren Folgen für tür­kische Eltern und deren Kinder, aber auch über das Zusammen­leben in Deutsch­land. Eine Geschichte über un­er­füllte Lebens­träume und die sich nie er­füllende Hoffnung auf eine Rückkehr in die Türkei, die Heimat. Eine Wand aus gepackten Kartons steht in der Wohnung – ein Symbol für die herbei­ge­sehnte und stets geplante Rück­kehr. Das Buch erzählt auch von den Koffer­kindern, die zwischen zwei Ländern und zwei Leben hin- und her­ge­schickt wurden. Ein beispiel­hafter Blick in eine Familie, die einen großen Teil ihres Lebens in einer Warte­schleife ver­bracht hat.

 

Handelt es sich um ein Buch, das Ihrer Meinung nach gerade jetzt aktuell ist?
Unbedingt. Migration ist ein großes Thema in Deutschland. Das Buch macht er­leb­bar, wie viel ver­säumt wurde und wie viel noch zu tun ist. Es wird klar: Wir sollten mehr über Her­kunft und Lebens­situationen unserer Mit­menschen wissen. Aber auch über andere Kulturen und Lebens­entwürfe, die es gibt. Das würde unsere Gesell­schaft besser einen und unser Zusammen­leben deut­lich ver­ein­fachen.

 

Können Sie sich mit einer Figur aus dem Buch identifizieren?
Besonders betroffen macht der Lebens­weg der Mutter. Sie muss erleben, wie sie sich immer wieder von ihren Kindern trennen muss. Sie muss akzeptieren, nicht mehr im gelernten Job arbeiten zu können, und ver­liert ein Stück ihrer Identität, weil man sich in einer fremden Sprache nicht aus­drücken kann. All das muss un­glaub­lich be­lastend für sie gewesen sein.

 

Was bleibt nach dem Lesen?
Das Gefühl, dass man sich bemühen muss, noch viel mehr über das Leben anderer Menschen zu wissen. Vielleicht auch Scham, dass man sich bisher zu wenig bemüht hat, mehr zu wissen und mehr zu ver­stehen. Obwohl unsere Gesell­schaft den Menschen, die wir »Gast­arbeiter« nennen, so viel zu ver­danken hat.

 

Wo lesen Sie am liebsten und warum?
Am liebsten auf dem Sofa oder einer Sonnen­liege, dann kann man mit der Geschichte im Kopf und dem Buch auf dem Bauch kurz ein­nicken und danach völlig entspannt weiter lesen …

 

Und was lesen Sie sonst so?
Durch meinen Beruf lese ich vor allem viele Nach­richten­texte, Biografien und auch Koch­bücher :-), ansonsten aber auch sehr gern Thriller, wie kürzlich »Die Einladung« von Sebastian Fitzek.

 

Susan Link, 1976 in Thüringen geboren und in Wuppertal auf­ge­wachsen, hat nach ihrem Germanistik-Studium ein Hör­funk­volontariat absolviert und acht Jahre lang als Redakteurin und Moderatorin für Radio NRW ge­ar­beitet. Nach ihrem Wechsel zum WDR moderiert sie seit 2012 das ARD- »Morgen­magazin« und präsentiert seit 2017, zunächst als regel­mäßige Ver­tretung, die Talk­sendung »Kölner Treff«. Nach dem Aus­scheiden von Bettina Böttinger 2023 führt sie als Gast­geberin gemeinsam mit Micky Beisen­herz durch die Sendung. Auch den sonntäg­lichen Presse­club moderiert Link abwechselnd mit Jörg Schönenborn und Ellen Ehni.

 

Kartonwand

Fatih Çevikkollu (2023)

 

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