Die Autorin und Podcasterin Iris Gavric über den Ratgeber »Das unendliche Spiel« von Simon Sinek:
»Wer das unendliche Spiel spielt, weiß, dass man weder die Schule gewinnen kann noch die Karriere, noch die Ehe und schon gar nicht das Internet.«
Bei jeder neuen Begegnung stelle ich mir innerlich eine entscheidende Frage. Und je nachdem, wie die Antwort lautet, entwickle ich ehrliches Interesse an meinem Gegenüber – oder eben nicht. Sie lautet: Spielst du das endliche oder das unendliche Spiel?
Wer sich ständig mit anderen vergleicht und dabei die Menschen in Gewinner und Verlierer einteilt, spielt das endliche Spiel. Wer mehr hat, gewinnt, und schon ist das Spiel vorbei. Wer hat die meisten Follower, das höchste Gehalt, die schönste Wohnung in bester Lage und die berühmtesten Freunde. Es langweilt mich zu Tode.
Ganz im Gegensatz zum unendlichen Spiel. So lautet der Titel meiner wärmsten Buchempfehlung von Simon Sinek. Im Original heißt es »The Infinite Game« und kommt ohne den irreführenden Untertitel »Strategien für dauerhaften Erfolg« aus, denn der klingt ja schon wieder nach diesen Gewinnertypen. Der Clou besteht gerade darin, dass das Ziel des unendlichen Spiels eben nicht Erfolg ist. Zumindest nicht das, was die meisten darunter verstehen. Sondern das Ziel ist, im Spiel zu bleiben. Ohne Gewinner und Verlierer. Wer das unendliche Spiel spielt, weiß, dass man weder die Schule gewinnen kann noch die Karriere, noch die Ehe und schon gar nicht das Internet. Mir ist zum Beispiel klar, dass ich niemals das Spiel der meisten Follower gewinnen werde. Das wäre für mein Ziel sogar ein Problem: Wie sollte ich mich mit mehreren Millionen Menschen ernsthaft austauschen? Wie will man Erfüllung im Beruf finden, wenn man andere als Trittbretter benutzt, um ganz nach oben zu kommen? Im unendlichen Spiel konkurrierst du nur wirklich mit dir selbst und siehst in anderen Menschen Mitspieler, die genau wie du daran interessiert sind, dass das Spiel weitergeht. Ich glaube, dass nur das unendliche Spiel wirklich zukunftsfähig ist. Wir sind alle irgendwie voneinander abhängig. Wer das nicht wahrhaben und einfach nur alle anderen übertreffen will, schadet nicht nur der Gesellschaft, sondern letztlich auch sich selbst.
Iris Gavric ist durch ihre Comedy-Formate auf TikTok bekannt. Gemeinsam mit ihrem Partner Matthias Renger führt sie eine Kreativagentur und hostet den erfolgreichen Podcast »Couple Of«. Jede Woche besprechen sie dort Themen aus den Bereichen Kommunikation, Kreativität, Beziehung und Gesellschaft und bringen Hunderttausende zum Lachen und Nachdenken. Zusammen bringen die beiden nun auch ein neues Buch heraus. Es erscheint am 27. September unter dem Titel »Shitmoves. Vom Manipulieren und Manipuliertwerden«. Es geht um die Fragen, wie wir Manipulation erkennen und Menschen ehrlich für uns gewinnen können.