John C. Kornblum, früherer Botschafter der Vereinigten Staaten in Deutschland, über seine Buchempfehlung »Putin’s People. How the KGB Took Back Russia and Then Took on the West« von Catherine Belton:
»Die Autorin verbindet die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen, was ein äußerst lebendiges Bild ergibt.«
Welches Buch hat Sie kürzlich begeistert?
Sehr begeistert hat mich das neue Buch von Catherine Belton, »Putin’s People. How the KGB Took Back Russia and Then Took on the West«.
Belton war sechs Jahre lang Russland-Korrespondentin der »Financial Times«, heute arbeitet sie als Investigativ-Reporterin für Reuters. Sorgfältig recherchiert werden die ersten Jahre nach dem Ende der Sowjetunion geschildert. Dabei verbindet die Autorin die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen, was ein äußerst lebendiges Bild ergibt.
Sensationell ist ihr Einblick in die Strukturen des KGB. Dokumentiert wird, wie sich die KGB-Führung bereits zu Sowjetzeiten auf das nächste Kapitel der russischen Geschichte vorbereitete – basierend auf Geheimdienst-Traditionen, die noch aus der Zarenzeit stammten. Von Belton namentlich erwähnte Akteure sicherten frühzeitig sowohl die zukünftige Finanzierung als auch spezielle Operationen von KGB-Seilschaften. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang auch Aktivitäten in Deutschland, etwa die Subventionierung der Friedensbewegung. Belton verweist darauf, dass diese Netzwerke in Deutschland nach wie vor aktiv sind. Die Namen der »Helfer« würden viele Deutsche überraschen.
Was macht das Buch für Sie jetzt gerade aktuell?
Aktuell besonders aufschlussreich ist das letzte Kapitel, in dem unzählige Verflechtungen zwischen Russland, dem KGB und US-Präsident Donald Trump aufgeführt werden. Belton bestätigt, dass Russland von 2002 an mehrmals Trump vor der Insolvenz gerettet hat. Die Deutsche Bank spielte eine düstere Rolle dabei, die bestimmt noch Konsequenzen haben wird. Die Darstellung endet mit der Feststellung, dass Putins Leute die Fehler ihrer sowjetischen Ahnen wiederholt haben, indem sie ein erstarrtes, autoritäres politisches System etablierten, dazu eine korrupte Wirtschaft, die Innovation und Unternehmertum behindert. Russland ist jetzt nicht mehr zu retten.
Wen würden Sie vor dem Buch warnen und warum?
Nicht empfehlen würde ich die Lektüre für in der Wolle gefärbte deutsche Putin-Versteher. Das Buch gefährdet ihre lukrativen Geschäfte, wie Nordstream II zum Beispiel.
Und was lesen Sie sonst so?
Momentan lese ich viel über die Geschichte der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, denn ich möchte selbst über die Grundzüge des atlantischen Bündnisses schreiben.
John C. Kornblum, früherer Botschafter der Vereinigten Staaten in Deutschland, ist nach wie vor häufiger Gast in Talkshows, besonders jetzt, vor der Wahl in Amerika.