Joy Bogat über den Roman »Das Flüstern der Feigenbäume« von Elif Shafak:
»Eines der schönsten und berührendsten Bücher, das ich seit Langem gelesen habe.«
Wahrscheinlich hat mir meine Mitbewohnerin den Roman »Das Flüstern der Feigenbäume« von Elif Shafak geschenkt, weil sie weiß, wie sehr ich einerseits Pflanzen liebe und mich andererseits für Geschichten über Flucht und Zugehörigkeit interessiere. Und mit ihrer Empfehlung hat sie mir tatsächlich eines der schönsten und berührendsten Bücher geschenkt, das ich seit Langem gelesen habe.
»Das Flüstern der Feigenbäume« erzählt die Geschichte von Kostas und Defne, die sich lieben und irgendwie doch einen gemeinsamen Weg finden, obwohl sie sich nicht lieben dürfen – er ist Grieche, sie Türkin und das in den 1970er-Jahren, als zwischen der griechischen und türkischen Bevölkerung der Zypernkonflikt ausbricht und die Insel teilt.
Was mich an dem Buch so fasziniert und festgehalten hat, ist die Art und Weise, wie Shafak im Roman auch die Geschichte der Insel und ihrer Bevölkerung erzählt und dabei kleinste Nuancen in menschlichem Verhalten aufzeigt. Die oft verborgene Verwobenheit von Mensch und Natur findet ebenso ihren Platz. Das hat mir ein neues Bewusstsein für die Natur um mich herum gegeben. Denn im Roman wechseln die Erzählperspektiven zeitweise auch zu dem Feigenbaum, der ein wichtiges Symbol für Kostas und Defne ist und deren Flucht von Zypern überlebt. Dessen weise und gleichzeitig zerbrechliche Sicht eröffnet eine ganz neue Ebene und offenbart, wie furchtbar absurd und schädlich menschliche Ignoranz gegenüber der Natur ist.
Ich habe das Buch letztes Jahr auf Tour gelesen und lese es gerade zum zweiten Mal. Durch meinen Beruf sitze ich viel im Auto oder im Zug auf dem Weg zu Konzerten, sodass ich inzwischen fast am liebsten in Bewegung lese. Dadurch befinde ich mich gedanklich an einem Ort, auch wenn die Außenwelt sich ständig verändert. Die nächsten zwei auf meinem Stapel ungelesener Bücher sind gerade »To Paradise« von Hanya Yanagihara und »Jugend« von Tove Ditlevsen. Dort landen momentan vor allem Romane von Autor:innen, die nicht deutsch- oder englischsprachig sind, weil ich es liebe, kulturell neue Sichtweisen zu entdecken.
Sollten Sie Joy Bogat noch nicht kennen, wäre jetzt die Gelegenheit, das zu ändern! Dieses Frühjahr bringt die in Hannover beheimatete Sängerin nämlich gleich zwei neue Songs raus. Mitte April ist bereits »Left & Right« erschienen – eine Ode an die Kraft, nach einer Trennung wieder aufzubrechen. Vergangene Woche folgte dann »1974«. Das Lied ist inspiriert von Bogats Buchempfehlung, dem Roman »Das Flüstern der Feigenbäume« von Elif Shafak. Wir finden die musikalische Übersetzung des Themas, Liebe in Zeiten von Krisen, unbedingt hörenswert. Eine Erinnerung daran, was Liebe und Vertrauen bewirken kann.