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ZEIT-Autorin Katharina Heckendorf über das Nachschlagewerk »Das neue Buch vom Leben auf dem Lande« von dem Farmer und Autor John Seymour:

»Es ist dieses Streben nach Selbst­ermächtigung und Unabhängigkeit, das das Buch von John Seymour prägt.«

 

Seit ich einen alten Hof saniere, schwelge ich zunehmend in Gedanken. Wie sah der Alltag meiner Vorgänger:innen aus, als sie hier einen großen Teil dessen, was man zum Leben brauchte, noch selbst herstellten? Ich denke an meinen Großvater, einen Flüchtling aus Polen, der hierherkam und alles selbst machte: Er veredelte Obstbäume, flocht Körbe, nähte Kleidung, stellte Besen aus Ross­haar und Buchenhölzchen her. Er mauerte und verputzte, schnitzte Rechen und Geländer. Ich glaube, keine handwerkliche Aufgabe kam ihm so schwer vor, dass er sich nicht zumindest probiert hätte.

Es ist dieses Streben nach Selbst­ermächtigung und Unabhängigkeit, das auch das Buch von John Seymour prägt. »Das neue Buch vom Leben auf dem Lande« ist ein Nach­schlagewerk mit wunderschönen Zeichnungen von Gemüse­sorten, mit naheliegenden und abseitigen Tipps zum Selbst­machen – zum Verbessern der Boden­qualität, zur Tier­haltung, zum Färben und Weben, zum Pflegen der Obst­bäume oder zum Arbeiten mit Holz. Letztlich geht es mir gar nicht darum, all das einmal in die Tat umzusetzen, es geht darum, dass ich dieses Buch in die Hand nehmen kann, wenn ich davon träumen will. Dann, wenn ich in der Stadt festhänge, wenn Hamburg mal wieder zu eng, der graue Himmel zu schwer und die Spazier­gänge zu öde sind. Dann denke ich an die Ziege, die ich wohl niemals haben werde.

Die Ideen aus John Seymours-Buch zur Selbst­versorgung sind für mich aktuell: Wertschätzung für das Stück Land, auf dem unsere Lebens­mittel auch in Zukunft noch wachsen sollen, regionale Land­wirtschaft, die weniger schädliche Chemikalien und Müll produziert. Mich stimmt es besonders in Zeiten versöhnlich, vieles selbst zu machen, in denen so vieles fremd­bestimmt ist. Vergangenen Sommer habe ich auf dem Hof gemauert, Geschoss­decken mit Lehm und Stroh nach alter Technik hergestellt und sogar Dutzende Quadratmeter Fassade mit einer selbst angerührten Sumpfkalk-Farbe mit Quark und Leinöl gestrichen. Denn gewinn­bringend ist nicht nur das, was kurzfristig zu mehr Geld auf dem Konto führt, wie John Seymour so ähnlich in seinem Buch schreibt.

Katharina Heckendorf ist Journalistin und Moderatorin. Sie ist Host des »Urban Change«-Podcasts. Auf Instagram teilt sie ihr Abenteuer der Sanierung des verfallenen, denkmalgeschützten Vierseithofes in Hessen. Über die Motivation zur Sanierung schrieb sie für das ZEITmagazin. Gerade ist ihr Buch »Umwelthormone – das alltägliche Gift« im Goldmann Verlag erschienen. Dort zeigt sie anschaulich auf, welche Auswirkungen Umwelt und Gesundheit durch die Chemikalien­belastung durch Plastik, Pestizide oder Industrie­chemikalien drohen und wie man sich schützen kann. Wir haben in Katharinas Buch schon viele hilfreiche Tipps gefunden, die sie alle selbst erprobt hat – vom Deo bis zum Waschmittel.

 

Das neue Buch vom Leben auf dem Lande

von John Seymour (2020)

Ob eigener Nutzgarten, Tierzucht oder Bierbrauen – in dieser Neuauflage des Bestsellers steht alles, was (angehende) Selbstversorger wissen müssen. Das Handbuch erläutert fundiert und mit zahlreichen Illustrationen im Retro-Stil jedes Detail zum Leben auf dem Land. Ein umfassendes Nachschlagewerk vom Gründervater der Selbstversorger-Bewegung John Seymour höchstpersönlich. Seymour (1914–2004) wuchs in England und der Schweiz auf. Er studierte Agrarwissenschaft in Kent, arbeitete danach auf englischen Bauernhöfen und leitete anschließend fast zehn Jahre eine Schaf- und Rinderfarm in Afrika. Er war Landwirtschaftsexperte für die Regierung Großbritanniens und veröffentlichte zahlreiche Bücher zu den Themen altes Handwerk, Garten, Selbstversorgung. Sein Hof in Irland war jahrelang das Mekka für seine zahlreichen Fans.

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