Die Autorin Lisa Frischemeier über das Memoir »Alles, was ich weiß über die Liebe« von Dolly Alderton:
»Dolly Alderton schreibt entwaffnend unverblümt, sehr, sehr komisch, warmherzig und beizeiten so schmerzlich, dass es einem das Herz zerreißt«
»Alles, was ich weiß über die Liebe« ist die Autobiografie der britischen Journalistin, Podcasterin und »Sunday Times«-Kolumnistin Dolly Alderton. Von der Presse wird sie regelmäßig als Nora Ephron für Millennials oder auch als Bridget Jones – aber in echt – bezeichnet. Meist ist das als Kompliment gemeint. Aber ebenso wie die Grande Dame der Romantic Comedy ist auch Dolly Alderton nichts für jederMann. Wieso das so ist? Weil Dolly Alderton eine Frau ist, die über sich selbst, ihre Träume, die Liebe und ihr Leben schreibt, wie es ihr gefällt und dabei auch ihr problematisches Verhältnis zum Alkohol nicht unerforscht lässt. Und das durften bisher eigentlich nur Männer, die Karl Ove Knausgård heißen. Wenn eine Frau dasselbe tut, handelt es sich um selbstgefälligen Blödsinn oder belanglose »ChickLit«. Aber ich drifte ab, schließlich soll das hier keine Tirade über Doppelmoral werden.
Das Debüt glänzt mit Witz und Einsicht, Herz und Humor und verwebt persönliche Geschichten und selbstironische Beobachtungen mit einer Reihe von fantasierten und nie abgeschickten E-Mails, Rezepten und Listen, zum Beispiel Achtundzwanzig Erkenntnisse aus achtundzwanzig Jahren (meine Top-Picks: Schwimmen Sie sooft, wie es geht, nackt im Meer; Sex wird mit dem Alter wirklich besser; Das Essen einer gesamten Wassermelone auf einmal verträgt niemand gut).
Dolly Alderton schreibt entwaffnend unverblümt, sehr, sehr komisch, warmherzig und beizeiten so schmerzlich, dass es einem das Herz zerreißt. Und weil sie in ihrem noch relativ kurzen Leben schon viele zweifelhafte Entscheidungen getroffen hat – viele davon recht ähnlich zu meinen – hat sie auch einiges gelernt. Vor allem den unschätzbaren Wert wahrer Freundschaft.
Der Titel des Buches ist eigentlich ein Ablenkungsmanöver. Um romantische Liebe geht es nur am Rande, im eigentlichen Rampenlicht steht die enge Freundschaft zwischen Frauen. Vielleicht mag ich dieses Buch auch deshalb so gerne, weil ich genauso wie Dolly Alderton die besten Beziehungen mit meinen Freundinnen führe. Da geht’s mir wie ihr: »Beinahe alles, was ich über die Liebe weiß, habe ich in meinen langjährigen Freundschaften mit Frauen gelernt.« Dass es manchmal nichts als zartes Kopfkraulen braucht zum Beispiel, dass viel Texten oft auch viel hilft, dass die Liebe nicht plötzlich aufhört, nur weil ich die Simpsons nie geschaut habe. Vor allem aber, dass ich verdammt beziehungsfähig bin.
Ob Ihnen dieses Buch wie kein anderes aus dem Herzen spricht oder »nur« angenehm leichte Unterhaltung ist, entscheiden letztlich Sie. Mir ist es eine verdammt gute Freundin.
Lisa Frischemeier ist Fotografin und Stand-up-Comedian. Am Dienstag erschien ihr Buch »I see Vulvas everywhere« im Dumont Verlag. Darin sammelt Lisa Frischemeier 80 alltägliche und skurrile Dinge, die sie an Genitalien erinnern. Im Vergleich zu omnipräsenten phallischen Objekten könne man bei Vulven fast glauben, sie seien erst vor Kurzem erfunden worden – ebenso wie die weibliche Lust. Deshalb bietet das Buch neben Bildern auch einige Fakten zur Vulva, die zur Aufklärung beitragen sollen.