Die ZEIT-Autorin Marie Serah Ebcinoglu über den Roman »Das Liebespaar des Jahrhunderts« von Julia Schoch:
»Sprachmächtig erzählt Julia Schoch davon, wie auch der größten Liebe die Luft ausgeht«
»Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich. Drei Wörter, die jeder Mensch begreift. Es genügen drei Wörter, und alles ist getan. Man muss sie bloß aussprechen. Ich bin erstaunt, dass es so einfach ist. Und noch etwas erstaunt mich: Der Satz ist genauso kurz wie der, den ich am Anfang unserer Geschichte gesagt habe. Am Anfang habe ich zu dir gesagt: Ich liebe dich.« Solche Sätze fahren durch die Glieder, und so geht es den Leserinnen und Lesern dieses fantastischen Buchs von Julia Schoch immer wieder: Ihre Prosa ist klarsichtig und schnörkellos wahr. Wahr auch in ihrer dringlichen Frage, ob die Liebe überhaupt funktionieren kann. »Das Liebespaar des Jahrhunderts« heißt der zweite Teil von Schochs autofiktionaler Trilogie, in dem sich die Ich-Erzählerin auf die Spuren ihrer vergangenen Liebe begibt. »Ich liebte dich sofort«, beginnt das Ich unchronologisch, aber vom Anfang der gemeinsamen Geschichte her zu erzählen. Und die währt immerhin schon 31 Jahre lang. Am Anfang war die Leidenschaft. Da wird gemeinsam auf dem sonnigen Balkon des Plattenbaus in der DDR gelesen, die Wohnungen sind klein, die Matratzen liegen auf dem Boden. Ihr Glück scheint perfekt, sie sind hochmütig in ihrer Liebe, die dort anfange, »wo die Filme aufhörten«. Aber rasch entwickelt sich eine ungesunde Abhängigkeit der Erzählerin von ihrem Freund. Es sei ihr logisch vorgekommen, alles für ihn aufzugeben. Am Ende ist unklar, ob diese Geschichte über die Liebe eine des »Verlusts« ist oder eine der »Befreiung«. Denn das macht Schoch auch klar: Das hier ist nur eine Seite der Geschichte. Aber sie ist klug, wahr und unbedingt lesenswert.
Marie Serah Ebcinoglu hat in Berlin und Paris Literaturwissenschaften studiert, für die »taz« geschrieben und ist Online-Redakteurin beim »Missy Magazine«. Derzeit ist sie als Hospitantin im Feuilleton der ZEIT. Ihre heutige Buchempfehlung ist ein Ausschnitt aus einem Text für das Literaturspezial in der ZEIT vergangene Woche. Den vollständigen Artikel lesen Sie hier →