Der Schauspieler Matthias Matschke über den Essay »What light there is« von John Burnside:
»Kontemplation unter Einbeziehung harter Fakten. Was will man mehr?«
Warum ein Buch sich an einen schmiegt, wie ein Kind oder ein lang vergessener Freund, vielleicht sogar eine Geliebte, das können wir nicht wissen. Aber als ich John Burnsides Buch zu lesen begann, war das genau so: Nähe! Schon der Titel magisch wie der eines »The Smiths«-Albums: »What light there is«! Und dann der Untertitel: »Über die Schönheit des Moments«. Klingt wie Erbauung aus der Bahnhofsbuchhandlung, hat’s aber faustdick hinter den Ohren, denn das ist ein Buch über »die Kunst des Sterbens« (so steht es schon auf Seite 19). Kein Roman, kein Sachbuch, nur das fortlaufende aufgeschriebene Denken eines Menschen, das man dann lesen darf, mit vielen Querverweisen auf das Werk anderer Künstler und Zitaten anderer Autoren. Was für ein Genuss! Und anstrengend! Nach jeder Doppelseite muss man das Buch kurz zur Seite legen. Ich jedenfalls – um mit Burnsides Gedankenstrom, der auch immer wieder Thema ist, durch eigene mickrige Denkbewegung irgendwie Schritt zu halten. Beispiel gemeinsame Sterblichkeit: Burnside erzählt, wie er als Kind im Hinterhof eine Dose mit den Überresten eines darin bestatteten Ziervogels per Zufall ausbuddelt, die jemand vor Jahren dort vergraben haben muss. Beim Betrachten der Knochen und verblichenen Federn schreibt er vom Sterben als verbindendem Element: Der Fund wirkt auf ihn, als sei es »unsere Sterblichkeit, dank der wir die Welt miteinander teilen«. Er blickt in die Dose auf die Federreste. Mit einem Blick, »der gerade so lange verweilt, wie er braucht, die Sterblichkeit wahrzunehmen, um dann beide, Seher wie Gesehenen, von ihr freizusprechen, womit sie eine neue Region der Möglichkeiten betreten«. Faszinierende religionsfreie Jenseitsgedanken, wie ich finde. John Burnside ist weltberühmter Alleskönner. Er ist die literarische Pistole, die um die Ecke schießen kann: Er erzählt vom (beiläufigen) Sterben, erzählt vom (klanglosen) Tod und feiert damit den kurzzeitig ewigen Moment! Kontemplation unter Einbeziehung harter Fakten. Was will man mehr?
Der Schauspieler Matthias Matschke spielte lange an der Volksbühne in Berlin und wurde bekannt durch seine Auftritte in der »heute-show«. Über vier Staffeln war er in der Hauptrolle als Professor T in der gleichnamigen Krimi-Fernsehserie zu sehen. Dort spielte er den bewunderten wie gefürchteten Kriminologen Jasper Thalheim von der Uni Köln. Besonders lesenswert auch Matschkes Beitrag in der ZEITmagazin-Serie »Ich habe einen Traum«. In dem Text beschreibt Matschke, wie Angela Merkel zu seiner Mutter geworden ist – im Schlaf.