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Der Star-Geiger Michael Barenboim über den Roman »Fahrenheit 451« von Ray Bradbury:

 

»Ganz gleich, ob bei Bradbury oder in unserer heutigen Zeit: Wer liest, beweist nicht nur Intelligenz und Neugier, sondern häufig auch Mut.«

 

Erstaunlicher­weise wurde ich zum ersten Mal auf Ray Bradburys Buch »Fahren­heit 451« auf­merk­sam, als mein Mathe­lehrer in der achten Klasse mit uns das Um­rechnen zwischen Fahren­heit und Celsius durch­ging. Er erwähnte es wegen des Titels, aber er erzählte uns natür­lich auch, worum es ging.
»Fahrenheit 451« ist ein dystopischer Roman, in dem das Besitzen von Büchern verboten ist. Der Mensch soll un­ge­bil­det, unmündig und un­selbst­stän­dig bleiben, damit der Staat eine mög­lichst voll­stän­di­ge Kon­trolle über ihn aus­üben kann. So ist zum Beispiel die Feuer­wehr nicht dazu da, Brände zu löschen, sondern Bücher zu ver­bren­nen, die in Häusern ver­steckt werden. Die Häuser werden oft gleich mit­ver­brannt, genauso wie die Menschen, die sich in ihnen befinden.
Nachrichten werden zensiert und künst­lich von der Be­völ­kerung fern­ge­halten: So werden die Menschen zum Beispiel über einen Krieg völlig im Dunkeln gelassen, obwohl dieser am Ende der Geschichte eine wichtige Rolle spielt.
Die maximale Zensur, die Bradbury in dieser Dystopie beschreibt, bekämpft alle unsere Ideen und Ideale von einer freien Gesellschaft, in der Individuen sich entfalten können. Bücher sym­bo­li­sieren hier den Zu­gang zu Information und Meinung, aber auch zu Kunst und zu Schön­heit. Dieser Roman würde heut­zu­tage ver­mutlich nicht nur von Bücher­ver­bren­nun­gen handeln, sondern von Zensur im Internet. Auch unsere – zumindest in der west­lichen Welt – un­ein­ge­schränk­ten Lese-, Such- und Kauf­ge­wohn­heiten und wie diese ver­ändert oder ver­boten werden können, wären zeit­gemäße An­knüpfungs­punkte. Ganz gleich, ob bei Bradbury oder in unserer heutigen Zeit: Wer liest, beweist nicht nur Intelligenz und Neugier, sondern häufig auch Mut.
Zu guter Letzt: Was hat es eigentlich mit dem Titel auf sich? In Bradburys Roman liegt die Temperatur, bei der Bücher Feuer fangen, bei 451° Fahren­heit. Deshalb zeigt auch die Uni­form der Feuer­wehr die Zahl 451. Umgerechnet wären 451° Fahren­heit circa 233° Celsius – aber stimmt das wirklich? Wir haben glücklicherweise die Mög­lich­keit, das nach­zu­lesen und selbst zu über­prüfen.

Schon lange ist der Geiger Michael Barenboim nicht nur wegen seiner berühmten Eltern, dem Dirigenten Daniel Barenboim und der Pianistin Jelena Baschkirowa, bekannt. Michael Barenboim spielte an den nam­haf­tes­ten Konzert­häusern der Welt, darunter die Royal Albert Hall in London, das Théâtre du Châtelet in Paris sowie die Staats­oper Unter den Linden in Berlin. Über das Musik­machen sagte er einmal: »In dem Moment, in dem du einen schönen Klang schaffst, hat sich jede Mühe gelohnt.« Und das Ergebnis seiner Mühe sollten Sie unbedingt einmal hören. Zum Beispiel auf seinem gerade frisch erschienenen neuen Album »Britten & Elgar: Sea Interludes, Violin Concerto« oder auch direkt live in Wien am 6. Oktober. Dann liest Johanna Wokalek Virginia Woolfs »Orlando«, und Michael Barenboim und Eloïse Bella Kohn spielen dazu Musik aus dem 16. bis 20. Jahrhundert.

 

Fahrenheit 451

von Ray Bradbury (1953)

Guy Montag ist Feuer­wehr­mann. Sein Job ist es, Bücher zu ver­brennen, denn diese sind in dem von Bradbury ge­schil­der­ten Staats­wesen als Quelle allen Un­glücks ver­boten. Doch Guy beginnt Fragen zu stellen.
»Fahren­heit 451« ist ein Plädoyer gegen Zensur, Kon­for­mis­mus und To­ta­li­ta­ris­mus und das berühm­tes­te Werk des amerikanischen Schrift­stellers Ray Bradbury, der 2012 im Alter von 91 Jahren in Los Angeles verstarb. Bekannt wurde Bradbury durch Science-Fiction, aber er schrieb auch Kinder­bücher, Ge­dichte und Dreh­bücher wie jenes zu »Moby Dick« von John Huston.

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