ZEIT:Hamburg-Redakteur Oskar Piegsa über seine Empfehlung »Code kaputt« von Anna Wiener«:
»Diese Reportage ist eine Ethnografie der Gegenwart, geschrieben mit staunender, milde ironischer Distanz — und dadurch umso erhellender.«
»Code kaputt« ist das mutmaßlich erste Buch über Start-ups im Silicon Valley, bei dem sich einem beim Lesen die Zehennägel hochklappen, aber es liegt nicht an der Autorin. Anna Wiener erzählt hier die wahre Geschichte, wie sie ihre Ambitionen begrub, nach ihrem Studium im alten kulturellen Machtzentrum New York Fuß zu fassen (Verlage, Intellektuelle, Martinis, Sie wissen schon), und sich stattdessen dem neuen Machtzentrum San Francisco zuwandte (Venture Capital Funds, Tech Bros und, äh, Algen-Smoothies?). Dies ist die Reportage einer Außenseiterin, die in das Innere eines Goldrausches gerät. Keine Anklageschrift, sondern eine Ethnografie der Gegenwart, geschrieben mit staunender, milde ironischer Distanz — und dadurch umso erhellender. Wer in hundert Jahren eine Ahnung davon bekommen will, wie ein scheinbar harmloses Spiel den Überwachungskapitalismus gebar, einen ungelenken Jungen in Adiletten zum circa mächtigsten Mann der Welt machte und Internettrolle bis ins Weiße Haus beförderte, der wird zu diesem Buch greifen. Selbstverständlich muss man nicht erst hundert Jahre dafür warten.
Oskar Piegsa ist Redakteur im Hamburg-Ressort der ZEIT. Davor war er Chefredakteur unseres Studierendenmagazins ZEIT CAMPUS. Für die Abonnentinnen und Abonnenten der ZEIT stand er das erste Mal auf der Bühne, als er über die Recherche beim Dreh eines experimentellen, feministischen Pornos berichtete. Vier Darsteller trafen sich in einem besetzen Haus und das Filmteam beobachtete was passiert. Die Devise: Alles kann – nichts muss. Schauen Sie hier das Video von Oskar, in dem er Leserinnen und Lesern die »Geschichte hinter der Geschichte« erzählt.