© privat

Der Regisseur Volker Schlöndorff über den Roman »Internat« von dem ukrainischen Schriftsteller Serhij Zhadan:

»Man kann mit fast allen Charakteren aus dem Buch mitleiden und lachen«

 

Ich lese gerade »Internat« von Serhij Zhadan. Die seit einem Jahr bei mir lebenden Flücht­linge aus Charkiw haben es mir geschenkt.

Der Roman spielt während des Krieges im Donbass. Ein junger Lehrer will seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen. Die Schule ist unter Be­schuss ge­ra­ten. Durch den Ort, in dem das zivile Leben zusammen­ge­brochen ist, dort­hin zu gelangen, dauert einen ganzen Tag …

Mit einer Figur oder einem Charakter aus dem Buch kann ich mich zwar nicht iden­ti­fi­zie­ren, aber mit­leiden und lachen kann man mit fast allen.

Was nach der Lektüre hängen­ bleibt? Wie das all­tägliche Leben im Krieg seinen Gang geht, wie das Ab­sur­des­te und Grau­samste als selbst­verständ­lich hin­ge­nom­men wird, hat mich an meine Kind­heit Ende des Zweiten Welt­kriegs erinnert.

Ansonsten lese ich eine Bio­grafie über die französische Schrift­stellerin Madame de Stael. Außerdem Jean-Jacques Rousseau im Original, den Roman »Wendemarke« von William Faulkner und dazu ein bis zwei Bücher pro Woche, die so auf den Tisch flattern.

 

Volker Schlöndorff, Jahrgang 1939, ist als Regisseur, Dreh­buch­autor und Film­produzent vor allem für seine Literatur­ver­film­ungen be­rühmt ge­worden. Als kürzlich der Film »Im Westen nichts Neues« mit einem Oscar als »Bester fremd­sprachiger Film« aus­ge­zeich­net wurde, er­in­ner­ten sich viele Kom­men­ta­to­ren an Schlöndorffs Spiel­film »Die Blechtrommel«, der 1980 diesen Preis gewann.
Aber auch viele andere Arbeiten von ihm haben Film­geschichte ge­schrie­ben, man denke an »Die verlorene Ehre der Katharina Blum«, der unter anderen Angela Winkler zum Durch­bruch ver­half, oder auch »Die Fälschung« und vor Kurzem »Reise nach Montauk«. Viele Jahre lang lebte Schlöndorff in den USA, bis er nach dem Fall der Mauer nach Deutschland zurück­kehrte; heute lebt er in Potsdam. Seine Er­in­ne­run­gen hat er unter dem Titel »Licht, Schatten und Bewegung« veröffentlicht.

 

Internat

von Serhij Zhadan (2018)

Ein junger Lehrer will seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen. Die Schule, in der seine berufs­tä­ti­ge Schwester ihren Sohn »geparkt« hat, ist unter Be­schuss geraten und bietet keine Sicher­heit mehr. Durch den Ort zu kommen, in dem das zivile Leben zusammen­ge­brochen ist, dauert einen ganzen Tag, und der Heim­weg wird zur Prüfung.
Der ukrainische Autor Serhij Zhadan schildert eindrück­lich, wie sich die vertraute Um­ge­bung im Donbass in ein un­heim­liches Territorium ver­wan­delt. Juri Durkot und Sabine Stöhr über­setzten den Roman aus dem Ukrainischen. Für die ZEIT schrieb Björn Hayer über Zhadan, der im vergangenen Jahr den Friedens­preis des Deutschen Buch­handels erhielt. Jetzt lesen →

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