Leipzig | 5. März 2020 

Beim Redaktionsbesuch im Leipziger Büro

Seit zehn Jahren enthält die ZEIT in Ostdeutschland ein zusätzliches Ressort. Bei einem Blick hinter die Kulissen der journalistischen Arbeit und der aktuellen Recherchen haben wir nicht nur zurückgeschaut, sondern Sie eingeladen, gemeinsam mit der Redaktion über den Osten und seine aktuelle Situation nachzudenken, zu diskutieren und sich auszutauschen. Martin Machowecz, Leiter des Leipziger ZEIT-Büros, berichtete von der Wahl des Ministerpräsidenten in Thüringen, Redakteur Josa Mania-Schlegel erzählte über die Ausschreitungen in der Silvesternacht in Leipzig-Connewitz und ZEIT-Autorin Valerie Schönian las aus ihrem Buch »Ostbewusstsein«, das Ende März erscheint.

Drei der Fragen, die am kontroversesten diskutiert wurden, haben wir hier auf dieser Seite noch einmal für Sie aufgegriffen:

Redakteur August Modersohn
Redakteur Josa Mania-Schlegel

Ist Leipzig-Connewitz ein Hort des Linksextremismus?

Josa Mania-Schlegel: »Sicher, der Leipziger Süden, auch Connewitz, ist zum inoffiziellen Treffpunkt für Randale aller Art geworden, an Silvester hat man es wieder gesehen. Die Erkenntnisse der Polizei zeigen aber: Bei weitem nicht alle, die dort randalieren, sind Connewitzer. Letztlich ärgert das Stigma, ein Hort linker Gewalt zu sein, vor allem die überaus politischen und friedlichen Bewohner des Viertels, zu denen ich mich selbst zähle.«

Martin Machowecz, Leiter des Leipziger ZEIT-Büros

Ähnelt die Situation in Thüringen der letzten Wochen den Zuständen in der Weimarer Republik?

Martin Machowecz: »Solche historischen Vergleiche sind immer ein bisschen heikel. Natürlich war es besorgniserregend, wie da um eine Ministerpräsidentenwahl gezockt und geschachert wurde. Thüringen hat also schon gezeigt, wie verletzlich die Demokratie ist. Andererseits hat man auch erlebt, wie stark sie ist. Wie alle den Schaden, den sie da angerichtet haben, reparieren wollten und repariert haben.«

ZEIT-Autorin Valerie Schönian

Valerie Schönian fragte nach ihrer Lesung ins Publikum: »Finden Sie es komisch, dass jemand wie ich, 29 Jahre alt, sich als ostdeutsch bezeichnet?«

Ein älterer Herr antwortet: »Interessant, finde ich das. Aber ich seh’s anders: Wir sollten diese Ost-West-Thematik abhaken.«

Valerie Schönian: »Lustig, Sie reagieren genau so wie meine Eltern. Nur: Für junge Ossis ist der Osten was Positives. Etwas, das man gerne vor sich herträgt – und nichts, das man ablegen will. Sondern es ist was Cooles. Ich sehe nicht, dass dadurch eine Spaltung entstehen würde. Warum kann ich nicht Ossi in einem wiedervereinigten Land sein?«

© Felix Adler
Fotos: Felix Adler für DIE ZEIT