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Die Schauspielerin Lena Klenke empfiehlt den Roman »Über Menschen« von Juli Zeh:

»Es ist fast wie eine Art Tagebuch des letzten Jahres aus der Sicht der Hauptfigur Dora, die während des ersten Lockdowns von Berlin aufs Land nach Brandenburg zieht.«

Zuletzt begeistert hat mich das neue Buch von Juli Zeh »Über Menschen«. Sie hat erst Anfang 2020 begonnen, das Buch zu schreiben, und lässt es auch in diesen Tagen vor dem Corona-Lockdown spielen, wodurch der Roman besonders aktuell wirkt. Juli Zeh schafft es, die verschiedensten Charaktere unserer Zeit zu zeichnen und dabei die aktuellen Geschehnisse einfließen zu lassen, ohne dass man von ihnen erdrückt wird. Man ertappt sich selbst immer wieder beim Lesen, wie man über Gegebenheiten in der Pandemie nachdenkt, die so neu waren und an die man sich so schnell gewöhnt hat, dass sie zur Routine wurden. Ich bewundere, wie Juli Zeh es schafft, über eine so kurz zurückliegende Zeit so reflektiert zu schreiben. Es ist fast wie eine Art Tagebuch des letzten Jahres aus der Sicht der Hauptfigur Dora, die während des ersten Lockdowns von Berlin aufs Land nach Brandenburg zieht. Besonders ist mir diese Passage im Kopf geblieben: »Sie hört die immer gleiche Unterhaltung über die neuesten Serien auf Netflix, die verfehlte Politik der Regierung und die steigenden Mietpreise. Teile des Gesprächs kennt sie auswendig und weiß im Voraus, wer was sagen wird. Später am Abend spricht man über Beziehungen, abwesende Jungeltern … Jemand will wissen, welcher Kaffeevollautomat die beste Crema produziert. Ein anderer erzählt, dass er nur noch Urlaub in Deutschland macht. Währenddessen überlegt Dora, mit welcher Entschuldigung sie sich vorzeitig verabschieden könnte, und bleibt dann doch bis zum Schluss. Es ist dumm, sich nach etwas zu sehnen, das man gar nicht will, aber auch sehr menschlich.« Auch ich habe mich während des Lockdowns so sehr nach Abenden mit Freunden gesehnt, nur um jetzt festzustellen, dass es eigentlich doch immer um das Gleiche geht und man sich am Ende freut, wenn man wieder zu Hause ist. Irgendwie erlebt ja gerade auch jeder das Gleiche, und durch fehlende Reisen und Erfahrungen fühlt man sich oft so uninspiriert. Keiner kann mehr das C-Thema hören, und trotzdem redet man mit jedem drüber. Das Buch schafft es, diese Spirale und den Wunsch nach der Flucht vor sich selbst wahnsinnig gut einzufangen. Außerdem behandelt es Themen wie Alltagsrassismus und die Frage, ob man einen Menschen unabhängig von seinen politischen Ansichten betrachten kann. Ich habe das Buch innerhalb von zwei Tagen durch­gelesen und wurde in die Welt der Protagonisten völlig hineingezogen. Das liebe ich am Lesen: Sich völlig in einer Welt zu verlieren. Am besten geht das auf Reisen im Zug. Während draußen die Welt an einem vorbeizieht, kann ich mich voll und ganz auf meine Zeilen konzentrieren.

Lena Klenke ist Schauspielerin. Und das schon seit ihrem 13. Lebensjahr. Bekannt wurde sie durch die »Fack ju Göhte«-Filme. Seit 2019 spielt sie die weibliche Hauptrolle in der Netflix-Serie »How to sell drugs online (fast)«, von der gerade die dritte Staffel veröffentlicht wurde. Besonders empfehlen können wir auch ihren Auftritt in dem neuen ZEIT ONLINE-Podcast »Und was machst du am Wochenende?«. Dort sprechen die Schriftstellerin Ilona Hartmann und der Editorial Director des ZEITmagazins Christoph Amend jede Woche mit einem Gast über Tipps, Ideen und Gedanken für die kürzesten zwei Tage der Woche. Lena entdeckt am Wochenende Seen, Zutaten und Bücher. Aber hören Sie am besten selbst.

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