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Die Journalistin Dunja Hayali über »Der Freund« von der Autorin Sigrid Nunez:

»Der Autorin gelingt es, vielschichtig diverse Themen miteinander zu verbinden und auf eine andere Ebene zu ziehen.«

Welches Buch hat Sie kürzlich richtig begeistert?
Ich lese es aktuell zum zweiten Mal: »Der Freund« von der amerikanischen Autorin Sigrid Nunez. Es geht um den Verlust eines Freundes und den Kampf zurück ins Leben – und zwar durch und mit dem Hund, den der Freund, der Suizid begangen hat, der Ich-Erzählerin vermacht hat. Klingt kitschig – ist es zu keiner Zeit. Es ist traurig, es ist ergreifend – und vieles, vieles mehr. Beim ersten Mal habe ich es in Etappen lesen müssen, einfach weil es mich an den eigenen Schmerz und Verlust erinnert und mich manchmal emotional überfordert hat. Zudem das neue, persönlich-politische Buch von Carolin Emcke. Ihr Corona-Tagebuch »Journal« ist eine eindringliche und globale Sicht auf das Pandemie-Geschehen.

Handelt es sich um ein Buch, das Ihrer Meinung nach gerade jetzt aktuell ist?
Beide Bücher sind aktuell. Das eine, »Der Freund«, immer wieder – es geht ja um den Umgang mit dem Tod, ums Loslassen und die Kunst, aus Leid wieder Lust zu machen. Das andere hoffentlich irgendwann nicht mehr, auch wenn das »Journal« ein Zeitdokument bleibt.

Wem würden Sie »Der Freund« eher nicht empfehlen?
Wer sich nicht mit Verlust, Kontrollverlust, Trauer und Schmerz auseinandersetzen möchte, dem würde man auf den ersten Blick sagen: Lies das Buch nicht. Zu dieser Kategorie gehöre ich, aber irgendwie ist es genau für Menschen wie mich geschrieben.

Und das »Journal«: Spontan würde ich sagen, allen, die die Schnauze voll von dieser Pandemie haben. Also auch ich, aber ich lese es ja trotzdem, weil es der Autorin gelingt, vielschichtig diverse Themen miteinander zu verbinden und auf eine andere Ebene zu ziehen.

Und was lesen Sie sonst so?
In der Regel bin ich ein großer Fan von Thrillern, einfach weil ich damit am besten von meinem journalistischen Alltag abschalten kann. Chris Carter, Simon Beckett, Andreas Gruber entführen mich regelmäßig in ihre abscheulichen und trotzdem faszinierenden Welten der menschlichen Abgründe. Albträume krieg ich davon trotzdem nicht, die Realität fordert mir da oftmals mehr ab …

Ihre journalistische Karriere begann Dunja Hayali, Jahrgang 1974, als Sportreporterin bei Deutsche Welle Radio. Seit vielen Jahren moderiert sie das »ZDF-Morgenmagazin«, seit 2018 gehört sie zum Team des »Aktuellen Sportstudios« des ZDF. Für ihr Engagement gegen Rassismus und Fremden­feindlichkeit erhielt sie 2018 das Bundesverdienstkreuz. In den vergangenen Monaten setzte sie sich mehrmals mit Querdenkern und Corona-Leugnern auseinander und berichtete unter anderem live von einer Demonstration in Berlin, wo sie beschimpft und bedroht wurde. Nach einem besonders massiven Hass-Tweet, den sie öffentlich gemacht hat, verabschiedete sich Hayali Ende Juni vorerst von der Plattform Twitter. Besonders hörenswert ist auch ihr Auftritt im »Alles gesagt?«-Podcast von ZEIT ONLINE-Chefredakteur Jochen Wegner und ZEITmagazin-Editorial Director Christoph Amend.

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