We­de­ler Marsch bei Ham­burg

Hamburg + Vögel beobachten + Deich + Ausflug

© Christof Siemes

 

Christof Siemes erzählt Ihnen in dieser Ausgabe, wie Sie in Hamburg auch ohne Fernreise ein Gefühl von Weite und Wildnis erleben können:

 

Kanada ist im Moment so unerreichbar wie die Wasserlöcher der Serengeti, aber Sie wollen trotzdem mal das Gefühl von Weite und Wildnis haben? Kein Problem. Steigen Sie einfach am Hamburger Hauptbahnhof in die S1, und fahren Sie bis zur Endstation Wedel. Dann haben Sie nach 41 Minuten Fahrt zum einen bereits eine Landesgrenze passiert (die zu Schleswig-Holstein), zum anderen ist es nun nur noch ein mittlerer Fußmarsch am Deich entlang, bis Sie die Nabu-Vogelstation in der Wedeler Marsch erreichen. Wie Ausgucke in der afrikanischen Savanne ducken sich drei hölzerne Beobachtungsstände hinter Erdwälle. Aus den schieß­schartenähnlichen Fenstern überblicken Sie eine weite Seen- und Wiesenlandschaft, die entstand, als hier der Klei, der schwere, tonhaltige Boden, zum Bau der Deiche entnommen wurde.

© Christof Siemes

Nun tummeln sich hier tierische Raritäten, die Sie normalerweise nur nach Buchung eines Inter­kontinentalflugs zu Gesicht bekämen. Der Knutt zum Beispiel, ein putziger Strand­läufer, der in Kanada und Alaska brütet, aber in Wedel Zwischenstation macht auf dem Weg ins afrikanische Winterquartier. Strecken von bis zu 6000 Kilometern fliegt das nur 150 Gramm schwere Kerlchen nonstop in zwei bis drei Tagen! Und frisst sich in Wedel die dafür nötige Energie an. Nicht weniger imposant sind jetzt im Herbst die Versammlungen der Weißwangen­gänse: Bis zu 30.000 Tiere hocken, heiser schreiend, auf den Wiesen oder erheben sich in überwältigenden Schwärmen in den Himmel über der Elbe. Normalerweise müssen Sie für dieses Schauspiel nicht einmal ein Fernglas einpacken; hoch­auflösende Exemplare gibt es kostenlos zu leihen in der Station. Die Weiß­wangengänse kann man aber auch vom Deich aus sehr gut beobachten.

Über Christof Siemes:

Christof Siemes ist seit 1993 bei der ZEIT und war dort schon in den verschie­densten Funktionen tätig: als Redakteur und Ressortleiter ZEITmagazin, stell­vertretender Ressortleiter Feuilleton, Kulturreporter, und nun – ​​seit 2018 – als Textchef. Er berichtet aber auch seit 20 Jahren für die ZEIT von den Olympischen Spielen – so auch in diesem Jahr. Drei Wochen lang war er im Sommer vor Ort in Tokio. Vom Ehrgeiz der Sportler inspiriert, besteigt er dort den heiligen Berg Fuji – und erlebt Enttäuschung und Triumph zugleich. Von seiner Erfahrung lesen Sie hier.

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