Sur­fen an der süd­li­chen West­al­gar­ve

Westalgarve + Burgau + Portugal

»Es ist diese epische Weite und Unberührtheit, die die stille Magie der Westalgarve ausmacht.«

 

An Tagen wie diesen, die zu warm sind, um richtig Winter zu sein, zu kalt, um aufzuatmen, und die zu dunkel sind, um ausreichend Vitamin D auszuschütten, trägt mich der Gedanke in eine Region, über der meist die Sonne scheint – und die man, ein kleines europäisches Wunder, einigermaßen berechenbar von April bis Ende November bereisen kann. Es ist die Algarve ganz im Süden Portugals. Burgau heißt das kleine Fischerdorf, das der Rückzugsort meiner Wahl ist und zwei Straßen hat, etwa zehn Restaurants und einen atemberaubenden Blick auf den Atlantik.

Man fliegt (oder fährt mit der Bahn) nach Faro und nimmt sich dort ein Mietauto. Je weiter man gen Westen gleitet, desto mehr fadet die Zivilisation aus wie eine Musik, die nur noch aus entfernten Weiten zu vernehmen ist. Und dann, von Burgau aus noch etwas weiter nach Westen bis zum Ende der Küstenstraße, auf dem rauen, sandsteinfarbenen Felsen von Sagres, sind nur noch du und das Meer geblieben (okay, und etwa 80 Surfer, die sich am Strand von Tonel in den Wellen versuchen). Es ist diese epische Weite und Unberührtheit, die die stille Magie der Westalgarve ausmacht. Auf dem Felsen von Sagres, wo eine alte Festung von mittel­alterlichen Bedrohungen durch Seefahrer und Piraten zeugt, befindet man sich buchstäblich auf dem südwestlichsten Zipfel Europas. Alles andere ist Afrika. Die Strände schmiegen sich wie unbehauene, rohe Juwelen in die Küstenkante, ab und an gibt es ein kleines Strandrestaurant, ansonsten Brandung und Sand.

Die Wellen reiten sich gut mit einem 6‘4‘‘-Shortboard, denn der Swell an der Algarve ist duldsam. Mit einem kleinen Seufzer trägt er von Anfängerinnen bis zum ehemaligen deutschen Profisurfer Marlon Lipke, der hier aufwuchs, jeden Surfer geduldig bis an den samtweichen Sandstrand – von gelegentlichen Waschgängen bei einem vermasselten Take Off einmal abgesehen. Besser bekomme ich den Kopf nicht frei.

Holger Stark leitet das Investigativ-Ressort der ZEIT und ist einer der stell­vertretenden Chefredakteure. Recher­chen im Bereich der inneren Sicher­heit, der Geheimdienste und des Terrorismus gehören zu seinem Alltag. Zuletzt hat er mit seinem Team zur Aufdeckung der „Reichsbürger-Verschwörung“ beigetragen. Seine Texte dazu finden Sie hier. Wenn Holger nicht gerade für die ZEIT in den USA oder im Nahen Osten auf investigativen Recherchen unterwegs ist, reist er als leidenschaftlicher Surfer mit seinem Shortboard im Gepäck die südeuropäische Küste entlang. Immer auf der Suche nach der nächsten guten Welle. 

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