Co­s­pu­de­ner See im Sü­den Leip­zigs

See + Leipzig + Kanufahrt + Ausflug

© Maren Wilczek on Unsplash

Am südlichen Stadtrand Leipzigs liegt der Lieblingsort von Martin Nejezchleba: der Cospudener See, auch Cossi genannt

 

Das Schönste an Leipzig ist ja, dass man so schnell raus ist aus der Stadt. Das klingt jetzt wie ein übler Leipzig-Diss. Aber so ist das nicht gemeint. Es ist nämlich so: Ich wohne zentral, am westlichen Rand der Innenstadt. Von dort sind es ein paar Minuten auf den Marktplatz, zum Museum der bildenden Künste, in die Galerien von Plagwitz, die Kneipen in Connewitz, zu syrischen Leckereien in der Eisen­bahnstraße. Aber am allernächsten ist das Grün. Denn mitten durch die Stadt, einmal längs von Nord nach Süd, zieht sich ein Streifen von Parks und Wäldern. Die füllen sich an Sonnentagen mit Stadtleben, und sie führen direkt zu meinem Lieblingsort: zum Cospudener See.

Der Cossi, wie die Leipziger ihn kosen, ist nah genug, um noch schnell nach Feierabend mit den Kindern aufs Rad zu springen und dort eine halbe Stunde später in der Hängematte zu baumeln. Aber empfehlenswerter ist der Wasserweg. Dazu kann man sich direkt am Stadthafen ein Kanu leihen und lospaddeln. Von dort gleitet man an Stadtvillen vorbei ins Elsterbecken, begegnet Sportruderern, die an einem vorbeihetzen, und Straßenmusik, die von den Brücken rieselt. Ein paar Paddelschläge weiter schleust man sich dann, inzwischen auf dem Flüsschen Pleiße angelangt, eine Stufe höher – und ist im Auwald. Hier verschwindet die Stadt hinter Laub und Bärlauchduft. Der Fluss windet sich durch Mückenschwärme und spreizt sich auf in ein Netz von Nebenarmen.

Irgendwann öffnet sich dann das Dickicht, und man ist am See. Der ist weit und klar genug, sodass man sich ein wenig wie am Meer wähnen kann. Aber er ist auch echt genug, um einen nicht zu sehr von der Wirklichkeit abdriften zu lassen. Wer durch den warmen Sand am Nordufer ins Wasser steigt, den stechen gleich die spitzen Steine in die Fußsohlen, der sieht hier und da ein Rohr aus der Uferböschung ragen und am Horizont das nahe Kohlekraftwerk Wolken in den Himmel blasen. Das hier ist das Mitteldeutsche Braunkohlerevier – und wird langsam zum Leipziger Neuseenland. Der Cossi selbst war vor nicht allzu langer Zeit ein staubiger Tagebau.

Und so blinzelt man in die Sonne, tunkt die Pommes in den Ketchup, schaut dem See beim Glitzern zu und kann nicht dankbar genug sein dafür, dass der Mensch seine Fehler, zumindest in Leipzig, offenbar auch wieder gutmachen kann.

© Reto Klar

Über Martin Nejezchleba:

Unser Kollege Martin Nejezchleba wurde in der Tschechoslowakei geboren, wuchs auf im deutschen Westen und schreibt für die ZEIT über den deutschen Osten und die Mitte Europas. Nach Studium in Bamberg, Santiago de Chile, Arbeit in Prag und Berlin, lebt er nun seit zwei Jahren in Sachsen. Vieles, was ihm dort an Einstellungen und Weltsichten begegnet, ist ihm seltsam vertraut, kommt ihm tscheschisch vor: »Manchmal frage ich mich, ob das, was seit einigen Jahren als ostdeutsch etikettiert wird, in Wirklichkeit osteuropäisch ist.« Seiner Frage ist er nachgegangen. Seinen Text »Kennen wir uns?« empfehlen wir Ihnen sehr. 

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