Die Rettung der Biodiversität. Die wichtigste Aufgabe unserer Zeit?
Der ZEIT WISSEN-KONGRESS »Mut zur Nachhaltigkeit« am 26. Oktober 2021 steht ganz im Zeichen der Biodiversität.
Wir alle wissen, Artenschutz ist wichtig. Aber was passiert, wenn wir nicht handeln? Wie steht es um die Artenvielfalt der Meere, Moore, Wälder und welche Rolle spielt die Landwirtschaft für den Erhalt der Biodiversität?
Zusammen mit Expertinnen und Experten sprechen wir beim ZEIT WISSEN-KONGRESS über sinnvolle Lösungen, notwendigen Idealismus und pragmatische Kompromisse. In verschiedenen Spotlight-Formaten blicken wir u.a. mit Prof. Dr. Antje Boetius auf die Meere, mit Prof. Dr. Hans Joosten auf die Moore, mit Prof. Dr. Teja Tscharntke und Dr. Nicole Wellbrock auf die Wälder sowie mit Myriam Rapior und Kathrin Muus auf die Landwirtschaft.
Referent:innen

Antje Boetius ist Polar- und Tiefseeforscherin, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrums für Polar und Meeresforschung und Professorin für Geomikrobiologie an der Universität Bremen. Sie studierte von 1986-1992 in Hamburg und San Diego Biologische Ozeanographie und promovierte 1996 über Tiefseemikrobiologie. Seit Ende 2008 leitet sie die Helmholtz-Max-Planck Brückengruppe für Tiefseeökologie und -Technologie. Sie ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz sowie weiterer internationaler Akademien. Zuletzt wurde sie in die Royal Swedish Academy of Sciences berufen.
Antje Boetius wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, mit dem Communicator Preis des Stifterverbandes und der DFG sowie mit dem Deutschen Umweltpreis. Sie hat an fast 50 Expeditionen auf internationalen Forschungsschiffen teilgenommen und beschäftigt sich derzeit vor allem mit Fragen der Auswirkungen des Klimawandels auf den Arktischen Ozean. Antje Boetius engagiert sich für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft und unterstützt zum Beispiel mit dem Projekt „Theater des Anthropozän“ die Zusammenarbeit von Kunst und Wissenschaft.

Fritz Habekuß, geboren 1990 in Pritzwalk (Brandenburg) ist Redakteur bei der ZEIT in Hamburg.
Er studierte Wissenschaftsjournalismus an der TU Dortmund mit Schwerpunkt auf Biowissenschaften und Medizin. Während des Studiums schrieb er für „Spiegel Online“, die „Süddeutsche Zeitung“, den „Tagesspiegel“ und die ZEIT. Nach Studienabschluss absolvierte er ein Praktikum beim SPIEGEL in Washington, D.C..
Als Reporter beschäftigt er sich mit den Themenbereichen Ökologie, Wissenschaft und Umwelt und mit dem grundsätzlichen Verhältnis von Mensch und Natur: Wie der Mensch seine Rolle im Anthropozän definiert und wie er mit der existentiellen Bedrohung durch die Ökokrise umgeht. Aber auch welche Mechanismen hinter der Zerstörung von Natur stehen und wie im Ökosystem Erde alles mit allem verbunden ist. Seine Recherchen führten ihn in die Antarktis, in Oasen des Omans, nach Ruanda, Indonesien, nach Grönland und auf die Galapagos-Inseln.
Für seine Arbeit wurde er unter anderem 2018 unter die Journalisten des Jahres gewählt und mit dem Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet
Fritz Habekuß ist zudem Buchautor und Moderator. Im Mai 2020 erschien sein, gemeinsam mit dem Terra X-Moderator Dirk Steffens verfasster Bestseller „ÜBER LEBEN – Zukunftsfrage Artensterben: Wie wir die Ökokrise überwinden“ im Penguin-Verlag.

Der Biologe und Moorkundler Hans Joosten kämpft seit Jahrzehnten gegen die stetige Entwässerung der Moore und damit für mehr Klimaschutz. Die Entwässerung von Moorböden heizt den Klimawandel an, da Moore auf drei Prozent der Landfläche der Erde doppelt so viel Kohlenstoff in ihren Torfen speichern können wie alle Wälder der Welt auf rund 30 Prozent der Landfläche in ihrer Biomasse. Der Schutz der Moore ist daher von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz und Hans Joosten hat die Zusammenhänge in mehr als 600 wissenschaftlichen Publikationen und dank vieler Forschungsreisen in die Moorgebiete der Welt aufgezeigt und neue Entdeckungen gemacht. Für die Politik hat Joosten eine klare Botschaft: „Nimmt man das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 ernst – also eine Begrenzung der Erderwärmung auf mindestens zwei Grad Celsius und möglichst 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter – muss allein Deutschland ab sofort pro Jahr 50.000 Hektar Moorfläche wiedervernässen.“
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) würdigte Hans Joostens Leistungen 2021 mit dem Deutschen Umweltpreis, eine der höchstdotierten derartigen Auszeichnungen in Europa. Mit dem Preisgeld will Joosten die am Greifswald Moor Centrum (GMC) beheimatete und mit rund 25.000 Publikationen weltweit größte Moorbibliothek zu einem globalen Kenntnis- und Kulturzentrum zu Mooren ausbauen und sich weiter für die Erhaltung der Moore einsetzen.

Kathrin Muus, die Agrarwissenschaften studiert hat, engagiert sich schon seit ihrem 16. Lebensjahr in der Landjugend, dem größten Jugendverband im ländlichen Raum. Seit Herbst 2018 ist sie Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend und in dieser Funktion u.a. für die Agrarpolitik, den Berufswettbewerb sowie den Tag des offenen Hofes zuständig.
Zudem ist Kathrin Muus, wie auch Myriam Rapior, Mitglied der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ der Bundesregierung, die zum Ziel hatte, Tierwohl, Biodiversität, Klima- und Umweltschutz mit den fundamentalen Aufgaben der Erntesicherung und der ökonomischen Tragfähigkeit der Landwirtschaft in Einklang zu bringen. Gemeinsam haben sie für die BUND- und Landjugend eine Vision für die Zukunft der Landwirtschaft erarbeitet, die am 17. Mai 2021 veröffentlicht wurde.

Myriam Rapior arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hamburg und promoviert zu Nachhaltigkeit in globalen Wertschöpfungsketten. Seit Mai 2019 ist sie im Bundesvorstand der BUNDjugend und vertrat die Jugendorganisation zeitweise im Bundesvorstand des BUND. Ihre thematischen Schwerpunkte in der BUNDjugend drehen sich um Wirtschaft, Klimaschutz und Landwirtschaft.
Wie Kathrin Muus ist auch sie Mitglied der Zukunftskommission „Landwirtschaft“ der Bundesregierung, die zum Ziel hat, Tierwohl, Biodiversität, Klima- und Umweltschutz mit den fundamentalen Aufgaben der Erntesicherung und der ökonomischen Tragfähigkeit in Einklang zu bringen. Gemeinsam haben sie eine Vision für die Zukunft der Landwirtschaft erarbeitet, welche die Kommission als Leitbild für den Endbericht übernommen hat.

Ricarda Richter studierte Politikwissenschaft und Geschichte in Kiel und Stockholm. Dreieinhalb Jahre lebte sie in Schweden und arbeitete unter anderem für das ARD-Auslandsstudio. Nachdem sie dort die Entstehung der Bewegung um Greta Thunberg begleitete, entschied sie sich, die Klimakrise zum Fokus ihrer journalistischen Arbeit zu machen. 2021 absolvierte sie die Henri-Nannen-Schule und ist Redakteurin im neu geschaffenen Ressort Green der ZEIT.


Der Soziologe und Biologe Teja Tscharntke ist seit 1993 Professor für Agrarökologie an der Universität Göttingen. Er ist Mitglied in zahlreichen Beiräten und Kommissionen, u.a. im Wissenschaftlichen Beirat des WWF sowie Träger mehrerer internationaler Auszeichnungen, u.a. der Ehrenmedaille der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ) für herausragende und zukunftsweisende Leistungen in der ökologischen Forschung. Die Forschung und Lehre von Teja Tscharntke beschäftigt sich mit der Biodiversität und ihren Funktionen in bewirtschafteten und natürlichen Ökosystemen der gemäßigten Breiten und der Tropen. Ein Schwerpunkt liegt in der Struktur von Agrarlandschaften und ihrer Bedeutung für die lokale Zusammensetzung funktionaler Biodiversität.

Nicole Wellbrock hat Geografie mit Schwerpunkt Waldökologie in Gießen und Kiel studiert. Promoviert hat sie 2000 über „Belastungen und Charakteristika von ausgewählten Waldökosystemen in Schleswig-Holstein“. Heute leitet sie den Arbeitsbereich Bodenschutz und Waldzustand am Institut für Waldökosysteme des Thünen-Instituts in Eberswalde, Brandenburg. Seit 2006 ist sie zudem Bundesinventurleiterin der zweiten Bodenzustandserhebung im Wald. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt bei dem Einfluss des Klimawandels und des forstlichen Managements auf den Zustand von Waldböden. Sie leitete die Erhebungen zum Waldzustandsbericht 2020 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Aktuell sei der Zustand der Wälder „historisch schlecht“.

Klaus Wiegandt studierte an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg und war danach rund 30 Jahre in Führungspositionen des deutschen Handels tätig: 1976 Generalbevollmächtigter der Rewe-Leibbrand-Gruppe, 1991 bis 1995 Vorstandsvorsitzender der ASKO AG , nach der Fusion der ASKO mit METRO/Kaufhof Vorstandssprecher des neuen Großkonzerns Metro AG .
Seit Ende seiner beruflichen Karriere 1999 widmet sich Klaus Wiegandt als Stifter und Vorstand von »Forum für Verantwortung« auf wissenschaftlicher Basis Grundfragen des Lebens und großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Von 2002 bis 2012 fand jedes Jahr ein interdisziplinäres Kolloquium statt, dessen Beiträge in der Reihe »Forum für Verantwortung« im S. Fischer Verlag erschienen sind. Die Themen waren Evolution, Kosmos, Anfänge des Christentums, Säkularisierung und die Weltreligionen, Kulturelle Werte Europas und Nachhaltigkeit. Seit 2004 tritt die Nachhaltigkeit immer stärker in den Fokus der Stiftungsaktivitäten. 2006 gründete er die Bildungsinitiative »Mut zur Nachhaltigkeit«, von 2008 bis 2014 wirkte er im deutschen Nationalkomitee der UN-Dekade »Bildung für nachhaltige Entwicklung« mit. 2009 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen.